Schon lange habe ich kein so schön geschriebenes Buch gelesen. Das Jagdgewehr ist wie ein traurig melancholisches Lied über das Leben und die Liebe. Es ist voll von wunderschönen Bildern, die den Leser in die Gefühlswelt eines alten und einsamen Mannes versetzen. Es ist ein sehr kurzes Buch, nicht einmal hundert Seiten lang, gelesen habe ich dennoch lange, immer wieder habe ich es beiseite gelegt um nachzusinnen, den starken und prägenden Eindrücken Platz zur Entfaltung zu geben, das Jagdgewehr ist voll von diesen.

Geschrieben ist es aus verschiedener Sicht, Rahmenhandlung ist die Stille eines Dichters, der ein Gedicht für einen Freund geschrieben hat, welches dann in einer bekannten Jagdzeitschrift veröffentlicht wird. Es heißt das Jagdgewehr und handelt von einem einsamen Jäger. Dieser dort beschriebene Jäger meldet sich dann bei dem Dichter. Er schickt ihm vier Briefe. Einen um sich zu erklären und drei Briefe die ihn erst zu einem einsamen Mann gemacht haben.

Im Folgenden sind die Briefe abgedruckt, ohne weitere Erklärung, ohne Gedanken des Dichters. Was folgt, sind die Abschiedsbriefe der drei wichtigsten Menschen im Leben des Jägers, der seiner Frau, seiner Geliebten und deren Tochter.

Diese drei Briefe malen ein Bild von der Liebe, dem Leben und dem nun einsamen Mann. Auch wenn keine der gemalten Situationen in mein Leben passt, habe ich mich doch in allen diesen Bildern wieder gefunden, meist im Hintergrund, im Panorama.

Geschluckt habe ich oft, zu düster das Bild der Liebe, zu weit entfernt der Liebe, für Tränen ist das Buch zu kalt aber dennoch zu warm für Verzweiflung.

Ich kann nur jedem empfehlen, lest dieses Buch, es ist es wert.

Yasushi Inoue
Das Jagdgewehr
Suhrkamp Taschenbuch 2909
Erschienen 1998
ISBN 3-518-39409-6

Kommentare

Eine insgesamt gut gestaltete Seite mit interessant zu lesenden Buchbesprechungen, vielelicht wäre die Angabe des Preises, der Seitenzahlen noch sinnvoll. Lies und besprich weiter!

Heute habe ich das Buch von Inoue gelesen. Auch mich hat es tief beeindruckt, aber bei mir sind es wieder ganz andere Saiten, die es zum Klingen bringt. Auch über die lange Zeit seit Erscheinen Deiner Besprechung hinweg einige Reaktionen von mir:
Ich fühle mich nicht so sehr in die Gefühlswelt eines alten Mannes versetzt (ich bin selber einer), für mich ist das Buch eine Dokument für die Ehe als „Festung“, die unter dem Druck der Gesellschaft, anderer Familienmitglieder, Nachbarn usw. oft zusammenhält, was nicht zusammengehört. Zweitens zeigt das Buch sehr deutlich, wie unsere Kommunikation und das, was wir vom anderen Verstehen, selbst in der Liebe äußerst mangelhaft ist. Zwei Menschen lieben sich, aber schon im Moment des höchsten Liebesglücks merkt die Frau, dass sie in das Bekenntnis zur Untreue schon die Untreue zu ihrem Geliebten einschließt. Der Mann ahnt davon gar nichts, später vielleicht schon etwas … Damit hängt der dritte Punkt zusammen: die fortbestehende Bindung an den Ehemann, von dem sie sich wegen dessen Untreue hat scheiden lassen. Diese Bindung ist trotzdem enger als zum Geliebten (Szene beim Atombombenabwurf). Als viertes fällt mir dazu auf, dass vielleicht die Unfähigkeit zu vergeben, das Festhalten am Schmerz über die Untreue, bei aller „Berechtigung“ das Leben der Frau verhängnisvoll bestimmt hat. Ich bin noch ganz betäubt von diesen sensiblen Aussagen. Das gängige Modell, ein Moment größter Liebe und danach die lange Reue, erscheint oberflächlich, von den Auswirkungen früherer Beziehungen (der „Ex“, die „Ex-Frau“) liest man kaum etwas, hier scheint die westliche Literatur eine blinde Stelle zu haben.
Übrigens ging es auch mir so, dass die „gemalten Situationen“ nicht zu meinem Leben passen, ich mich aber dennoch getroffen gefühlt habe.