Ich erwische mich allzu häufig bei Abwehrstrukturen, die sonst nicht nur ablehne, sondern argumentativ bekämpfe. Gerade in meinen Blogs verwende ich bisweilen Immunisierungsstrategien, die mir einerseits nicht gefallen, ich aber andererseits auch anerkennen muss, dass in einer Diskussion, an der jeder teilnehmen kann, eben auch der allseits bekannte Troll nicht fehlen wird. Wie unterscheidet man aber Trolle von kritischen Lesern? Manchmal gar nicht so einfach.

Kommentare sind meistens so kurz wie möglich, die für SMS geschaffene Kurzsprache hat sich auch auf alle anderen digitalen Erzeugnisse ausgebreitet, auch wenn das nicht immer zutrifft. Aber die verkürzte Argumentation vieler Diskussionsteilnehmer macht genau das beschriebene Problemfeld erst möglich. Würden kritische Beiträge nicht auf so wenig Zeichen wie möglich reduziert, wäre es ein einfaches den Beitrag von der plumpen Provokation zu unterscheiden. So aber wird das bisweilen zum Problem, vor allem, wenn die Zeit begrenzt ist, dies einschätzen zu können, kein Link auf einen Diskussionsteilnehmer mit eigenem Blog verweist und so die Sache unpersonal wird.

Ein Beispiel? Ich habe auf der Endlosrekursion vor einiger Zeit einen Beitrag über den neuen Bericht des Innenministeriums und dessen mediale Rezeption geschrieben. Dabei habe ich auf die in meinen Augen fahrlässige Reduzierung der Fakten hingewiesen. Es ging um rechts- und linksextreme Straftaten. Vor einige Tagen schreibt jemand anonym einen Kommentar zu dem Artikel, der mir wiederum vorwirft, was ich den Medien vorgeworfen habe. An sich eine berechtigte Kritik, hätte ich behauptet, dass meine Sicht die richtige ist. Nur denke ich, geht aus dem Beitrag und meinen Beiträgen überhaupt hervor, dass ich keinesfalls linksextreme Gewalt gutheiße und nur der rechten Scheiße nicht zugetan bin. Gewalt und Fundamentalismus sind ein Problem, egal welcher Ideologie sie gerade folgen.

Aber was macht man mit so einem Kommentar? Ihn löschen und so die berechtigte Kritik, aber auch das  (von mir unterstellte) Interesse hinter diesem Beitrag, nämlich eine Lanze für die Rechten zu brechen, zulassen?

Lasse ich ihn nicht zu werde ich gewissermaßen dogmatisch und versuche meine Meinung zu immunisieren. Lasse ich ihn zu verschwende ich meiner Meinung nach viel Zeit, wenn ich dem Kommentar einen differenzierten Kommentar entgegensetze, an einen Troll, dem es eben nicht um die differenzierte Auseinandersetzung geht. Der Vorteil liegt allerdings auch auf der Hand, wird der Artikel doch so informativer und ausgewogener für alle späteren Leser, die hoffentlich auch noch die Kommentare beachten.

Wie handhabt ihr das?

Kommentare

Hallo Soeren,

ich stosse hin und wieder auf eine ähnliche Problematik auf meinem Blog. Hier abzuwegen fällt sehr schwer, in der Tat. Ich denke der Wortbeitrag ist, soweit er sich nahe an dem im Artikel intendierten Thema bewegt durchaus legitim, stellt er doch eine mögliche Rezeption dar. So weit so gut, so einfach. Was aber, wenn die Diskussion kippt? Was wenn die Thematik kolonialisiert wird durch Inhalte, die man nicht unterstützen will und kann? Hierzu ein Link auf meinen Blog, der als Fazit nach einer langen Debatte für mich wertvoll war: http://nerone.wordpress.com/2007/11/29/die-wortergreifung/
Ein Freund kommentierte im Verlauf der Debatte meine Entscheidung den Ideologen zu sperren wie folgt:
http://nerone.wordpress.com/2007/11/27/kein-verfahren-in-deutschland/#comment-2208

Ich werde diese Art der Konolialisierung nicht zulassen. Allerdings erkennt man das Vorhaben erst nach einigen Beiträgen. Ein einzelner Kommentar, der solche Ansätze zeigt, sollte isoliert werden, indem man sich als Betreiber und Autor von diesem abgränzt und Regeln aufstellt, die für weitere Kommentare gelten. Meist ist es ja so, dass solche Ideologen über die vorgegebene Thematik hinausgreifen wollen um ihre Inhalte zu plazieren.

so oder ähnlich

Ich lasse praktisch alles stehen, was keine Werbung ist, nicht ehrverletzend wirkt und mir keine rechtlichen Probleme bereitet. Allerdings sehe ich mir jeden Trackback oder Kommentar vor der Freigabe an. Lieber wäre mir ich könnte alles so durchgehen lassen, aber das ist in Deutschland nicht machbar.

Ich bin noch nicht lang dabei, aber ich würde es so machen wie Jochen. Denn auch wenn ich manche Ideologien verabscheue, will ich nicht zensieren. Jeder soll seine Meinung sagen dürfen.