Es ist schon wirklich komisch, wie ich die letzten zwei Jahre Studium erlebe. Ein ständiges Wechselbad der Gefühle zwischen Lust und Frust. Auf der einen Seite ist das Studium eine wahnsinnig tolle Gelegenheit mein Wissen, meine Methodik, mein Denken, ja mich zu erweitern. Auf der anderen Seite ist es aber auch ungemein frustrierend auch oder vielleicht sogar gerade in der Wissenschaft andauernd vor unverrückbare Strukturen gestellt zu werden.

Meine Seminare und Vorlesungen wechseln zwischen Dogmatismus und festgelegtem Denken und mich euphorisch machenden Denkansätzen, die nicht zwangsläufig dem Common Sense widersprechen müssen, aber doch den Willen zeigen Universitätsbetrieb nicht als plumpe Ausbildung zu betrachten. Denn einer Ausbildung habe ich mit dem Eintritt in die Universität eine Absage erteilt, dachte ich jedenfalls. Auch auch in dem vermuteten Freidenkerraum „Philosophie“ herrscht mehr Rückwärtsgewandheit als ich ertragen möchte.

Damit sei natürlich nicht gesagt, dass der Blick zurück ein falscher sei, sondern die kulturpessimistische Ausrichtung von Wissenschaft gemeint. Früher war alles besser und setze dich erstmal mit den Denkern der Vergangenheit auseinander, ist ein oft gehörter Wahlspruch, der nur in seiner Kombination so ätzend wird. Natürlich ist es von Vorteil für strukturiertes Denken und methodisches Arbeiten, sich an Philosophien der Vergangenheit zu orientieren und an ihnen zu lernen. Aber doch nicht um dieser selbst willen. Philosophien sind deshalb immer aktuell, weil sie systematisch auf etwas hin und nicht einfach auf etwas gerichtet sind. Und da stellt sich die frage der Ausbildung eher als ein Lernprozess „um zu“. Zu viel Philosophie bleibt aber stehen, macht nicht den Versuch Schritte einzuleiten, immer die eigene Reputation im Blick.

So passiert es, und die Verschulung der Universität durch den Bachelor fördert dies besonders, dass man als Student sich nicht eigene Gedanken konzentrieren und an sich und diesen arbeiten kann, sondern ständig in irgendwelchen langweiligen Seminaren pseudo-interessiertes Gewäsch produzieren muss.

Darauf habe ich keine Lust mehr.

Kommentare

Oh, das verstehe ich gut! Dass du es überhaupt solange aushältst, ist schon erstaunlich. Ich hatte mich schon früh für Philosophie interessiert, so ab der Pubertät. Bzw. eigentlich bewegten mich philosophische Fragen nach dem „woher? wohin? wozu?“, nach Kriterien für Wahrheit, nach den Möglichkeiten des Erkennens und den Werten fürs Handeln.

Ich lernte schnell, dieses Fragen als „Philosophie“ zu etikettieren und nahm gerne alle Gelegenheiten war, der Sache näher zu treten. Z.B. als Wahlpflichtfach, aber auch mal als VHS-Kurs, Nachmittags-AG und dergleichen. Und ich erinnere mich an meine fortwährende Enttäuschung: sie trugen die Philosophien irgendwelcher alter Philosophen vor, ohne dass das irgendwie mit meiner „Bewegtheit“ zu tun hatte. Es kam als langweiliger Lernstoff rüber…

Manchmal stellte ich „naive“ Fragen wie z.B. „Und hat er denn nun recht?“ 🙂 Worauf es natürlich keine befriedigende Antwort gab. Jedenfalls schaffte es keiner dieser Lehrenden, die ich da erlebte, einen Bezug zum Hier & Jetzt unseres realen Lebens herzustellen – und DAS war es, was ich eigentlich suchte.

Nun, das war immer schon so: die MEISTEN großen Philosophen waren ja keine Philosophie-Professoren (Ausnahme z.B. Heidegger). Andrerseits ist es ja auch so, dass man das Verständnis für eine bestimmte philosophische Sicht erst im Leben gewinnt und nicht aus Büchern. (Mit 18 im Deutschunterricht Sartres & Camus Existenzialismus verstehen geht einfach nicht, es sei denn, man hat eine Depression.)

Sei trotzdem froh über den Freiraum, den Luxus, den du genießt, indem du es dir leisten kannst, Philosophie zu studieren und somit „der Ausbildung eine Absage zu erteilen“! Wieviele Leute auf unserem Planeten haben zu einem solchen Leben Zugang und nutzen das auch?

Ein wenig zurück treten und aufs Ganze schauen hilft bei Frust!

Es gibt eigentlich nur eine Weisheit, die ich aus meinem vierjährigen Philosophiestudium ziehe: Ich studiere keine Philosophie, ich studiere Philosophiewissenschaften.

Das, was so generös als Philosophie – wir denken mal an die guten alten, antiken Denker – bezeichnet wird, findet in den seltensten Fällen in einem Seminar oder gar in einer Vorlesung statt. Ich denke da immer an Wilhelm Scherer: „Die Naturwissenschaft zieht als Triumphator auf dem Siegeswagen einher, an den wir alle gefesselt sind. (man bemerke am Zitat, das ich aus einem anderen Kontext entlehnt habe, wie ich selbst in dieser Falle gefangen bin Ò_o)

Denn das Philosophiestudium der Gegenwart ist ein Beschäftigen mit Texten, Thesen und Ideen verschiedenster Autoren verschiedenster Epochen. Wir rezipieren deren Worte und versuchen nachzuvollziehen, falls das Mal gelingt (jaja ab und an), dann denken wir darüber nach und äußern uns mal kritisch. Meistens antworten wir aber mit einem anderen Autoren, den wir im Semester davor „durchgenommen“ haben. Auch die vermeintlichen „Checker“ haben niemals – wirklich niemals – selbst darüber nachgedacht, sie käuen nur verinnerlichtes Wissen anderer wieder.

Wirkliches Philosophieren findet nicht statt.

Und da schon ist der Zirkel, gerne auch philosophiewissenschaftlicher Teufelskreis genannt: Das Lesen eines Autors führt zum nächsten, führt zum Nächsten und führt zum nächsten und wenn man Pech hat wieder zurück. Wer irgendwie dem nahe kommen will, was philosophisch ist, sollte den Ketten des Philosophiestudiums der Uni schnellstens entkommen.

Leider steht so eine Erkenntnis in keinem Studienführer. Die wissen schon warum.

Das Studium muss man einfach durchziehen wie es kommt ich studiere zur Zeit in Syrien und das ist auch nicht immer so toll wie es sich anhört aber meistens macht es doch eine ganze menge Spaß

Ich bin auch der Meinung, das man das Studium so gut wie möglich durchziehen sollte. Es sei denn natürlich man stellt fest, dass einem das Fach überhaupt nicht liegt (kann ja auch vorkommen). Aber ich denke das es auch während einer Berufsausbildung mal eher düster aussieht und man keine Lust mehr darauf hat und es einen einfach frustriert, das kommt wohl bei jedem ab und zu mal vor.
Aber egal ob Studium oder Ausbildung: in der meisten Zeit sollte es einem doch Spaß machen und einem persönlich zusagen, oder?

Halte durch, das wäre auch mein Tipp! Aber ich verstehe deine Zweifel. Ich hätte mein Sozpäd-Studium sogar beinahe kurz vor der Beendigung meiner Diplomarbeit abgebrochen, weil mich das alles nach den ganzen Jahren so angekotzt hat. Jetzt bin ich froh, dass ich noch ein paar Monate durchgehalten habe. Wie schon Max Goldt sagt: Ob Paris oder rom, am schönsten lebt sichs mit diplom! 😉

Hallo,

ja, das Problem kenne ich auch. Es ist genau so, wie Marcus geschrieben hat, dass man im Grunde genommen nur Philosophiewissenschaft studiert.
Philosophie/bzw. Ethik in der Schule war da ganz anders gewesen:
Man hat zusammen ca. 20min einen Text gelesen (=Grundlagenwissen, neue Theorie kennen lernen) und hat dann den Rest der Doppelstunde darüber diskutiert – in einfachen Worten und das Ganze an praktischen Bespielen aus dem Alltag „übergeprüft“.
Mit anderen Worten: Man hat sich auch tatsächlich „mit der Sache selbst“ auseinandergesetzt, anstatt zu spekulieren, was dieser Philosoph mit jenem Ausspruch wohl gemeint haben könnte.
Es ist in etwa so, als würde man einen physikalischen Versuch exakt nachspielen – anstatt dass man ihn EINMAL so durchspielt, wie er gedacht ist, und anschließend überlegt, durch welche Veränderungen im Aufbau sich WAS ändern würde und warum. Man muss doch schließlich auch selbst sein Hirn nutzen müssen, anstatt nur in iwelche Theorien blind hineinzukriechen.

Klar, es gibt auch durchaus Seminare, die mir Spaß machen und die etwas bringen, aber ich wünsche mir manchmal auch, diese ganzen eitlen gehoben daherredenden Schwafler würden endlich vom vernünftig denkenden Rest rausgeekelt… stattdessen wird es aber wohl eher andersherum kommen.