Ich habe die Jauchsendung am Sonntag nicht gesehen. Nochmal Wulff musste einfach nicht sein. Jauch finde ich auch eher durchschnittlich. Und Fernsehen schaue ich kaum noch, weil mir selbst die Spitze zu mittelmäßig ist. Aber dem Vernehmen nach ist die Wulffdebatte ja mittlerweile genau da angekommen, wo Debatten in Deutschland die mit dem lieben Geld zu tun haben immer landen: bei der Neidfrage.

Gerade in Zirkeln mit Besserverdienenden und denen die es entweder gerne wären oder eben mal werden wollen, hört man immer wieder den Vorwurf, die Deutschen wären das neidischste Volk dieser Erde. In anderen Ländern, allen voran den USA, würde man stolz zu ihnen aufschauen und hier müsste man sich dafür schämen, etwas erreicht zu haben. Dass dieses Erreichen bei nicht wenigen alleine in einer begründet liegt, soll hier nicht unerwähnt bleiben, aber dennoch erstmal ignoriert bleiben. Viel interessanter ist doch, dass das vorgeworfene und dem Neid zu Grunde liegende Denken hier ebenfalls die Grundlage bildet. Wert alleine mit Geld in Verbindung zu bringen ist die Krankheit unserer modernen, wie schon Hannah Arendt beschrieb. Auf das Erreichte stolz zu sein scheint genauso wenig ohne Geld möglich zu sein, wie das zufriedene Leben ohne großen Reichtum. Denn in Zirkeln ohne großen Einkommenhintergrund wird die Frage nicht weniger unterkomplex diskutiert. Das Gefälle von gut und böse wird nur einfach umgedreht. Alles schlechte Menschen, nur wir nicht. Ist klar.

Muss man mehr Geld verdienen als man ausgeben kann ist genauso die Frage, wie die, ob man nicht auch ohne teure Technikspielzeuge ein zufriedenes Leben führen kann. Diese Debatte kann man ohne hochrote Köpfe nicht nur in Deutschland nicht führen, sondern in der gesammten westlichen Welt nicht.

Über Verteilungsfragen zu diskutieren heißt eben mehr als nur darüber zu diskutieren was ich haben will was ich brauche was ich anderen zugestehen. Es ist ein Armutszeugnis, dass diese Frage auch heute noch in ein Mein oder Dein ausartet. Die Systemtheorie oder die kritische Theorie haben uns gezeigt, dass diese Frage weitaus komplexer ist als es diese Neiddebatten zugeben wollen.

Aber solange Ich einfach nur profitieren möchte, weil die Anderen falsch handeln, kann sich nichts ändern. Wir müssen wegkommen von dem Gedanken, dass Einzelhandlungen, egal wie gesteuert oder quantitativ sie in der Summe sind, solch komplexe Zusammenhänge irgendwie beeinflussen können. Denn auch erschreckend viele Nicht-Christen glauben fest daran, dass alles besser werden würde, wenn nur alle alles besser machen würden. Das ist falsch und eben genau die falsche Prämisse, die zu den Debatten führt, mit denen dieser Artikel begonnen hat.

Welt ist nicht so einfach.

Kommentare

„Wir müssen wegkommen von dem Gedanken, dass Einzelhandlungen, egal wie gesteuert oder quantitativ sie in der Summe sind, solch komplexe Zusammenhänge irgendwie beeinflussen können. “

Wie kommst du denn auf diese komische Sicht der Dinge? Selbstverständlich WIRKEN die Handlungen der Vielen auf die Verhältnisse. Wenn etwa die meisten Leute ihren Fleisch- und Wurstkonsum auf einmal/Woche beschränken würden, wäre die aktuelle Massentierhaltung mit ihren widerlichen Zuständen am Ende. Denn auch die Bereitschaft, als Massenstall-Standort für den Weltmarkt zu dienen, damit in Afrika dank billigster EU-Importe lokale Kleinbauern ihre Existenz verlieren, würde drastisch nachlassen.

Der Widerwille der vielen hat ja immerhin schon dazu geführt, dass „Käfig-Eier“ fast gar nicht mehr gehandelt werden und statt dessen Boden- und Freilauf-Haltung dominieren.

BASF hat die grüne Gentechnik in Europa eingestellt, weil die Verbraucher „anhaltend skeptisch“ blieben – und du meinst allen Ernstes, es sei sinnlos, um „anderes Verhalten“ zu werben, auf dass eine Mehrheit dann auch eine andere Politik erzwingt?

Hey, das ist das Grundprinzip unserer Art Demokratie – was stellst du dir denn statt dessen vor?

Ich halte die von dir hier bekräftigte Sicht und in meinem Artikel in Frage gestellte Sicht für ziemlich komisch. Handeln im Konjunktiv könnte man das Problem nennen. Die Handlung bleibt im Wunschmodus und macht sich abhängig von äußeren Faktoren, die die Handlung in ihren Folgen selbst nicht beeinflussen kann. Dadurch bleibt die Handlung unbestimmt und unbestimmte Handlungen sind keine Handlungen. Soweit die Theorie.

Selbstverständlich wirken Handlungen. Immer. Naja fast. Denken kann auch Handeln sein und Unterlassen ebenso, die Wirkung davon ist jedenfalls dann nicht ursächlich. Aber sie geben ebenso Gründe oder können danach befragt werden. Die Handlungen, die du beschreibst, müssen also etwas zurechtgestutzt werden. Der Verbraucher handelt nicht anhaltend skeptisch, um wer weiß wen zu überzeugen, sondern er hofft, dass die vielen richtigen Handlungen, nämlich keine Eier mehr zu kaufen oder ähnliches, dazu führen, dass seine Handlung etwas bewirkt. Dieses Wirken aber ist nicht Teil seiner Handlung, denn er handelt nur dann, wenn er es auch tun würde, wäre er sicher, dass sonst niemand ihm folgt und er dennoch meint, diese Handlung sei die richtige.

Diese Handlung kann vielleicht anderen zum Vorbild dienen und so den von dir beschriebenen Masseneffekt hervorrufen, aber das ist auch nicht Teil der Handlung. Und auch wenn du einige Beispiele nennst, wie oft passiert einfach gar nichts?

Idealismus in allen Ehren, vielleicht braucht man den sogar, aber zur Beschreibung und Beurteilung von Handlungen taugt er nicht.

Wäre das mein Blog, würde ich einen Bs-Filter einbauen, der Kommentare in denen Schlagwörter wie „Massentierhaltung“,“Wurstkonsum“,“Afrika“,“Gentechnik“ oder auch „Kleinbauern“ vorkommen, automatisch löscht.

[…]   Wir müssen wegkommen von dem Gedanken, dass Einzelhandlungen, egal wie gesteuert oder quantitativ sie in der Summe sind, solch komplexe Zusammenhänge irgendwie beeinflussen können. Aus German Neid. […]