{"id":77,"date":"2007-12-11T13:33:25","date_gmt":"2007-12-11T11:33:25","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/77\/das-leben-ist-schoen\/"},"modified":"2007-12-11T13:33:25","modified_gmt":"2007-12-11T11:33:25","slug":"das-leben-ist-schoen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/kultur\/das-leben-ist-schoen\/","title":{"rendered":"Das Leben ist sch\u00f6n"},"content":{"rendered":"

„Das Leben ist sch\u00f6n“ (La Vita \u00e8 bella) ist ein komischer Film und zwar ganz eindeutig komisch. Das Wort „komisch“ ist so eindeutig wie das Leben. Man kann ihm zwar zwei Bedeutungen zuordnen, aber die Grenzen werden verschwimmen, egal wie sehr man den Unterschied betont. Komisch kann ungewohnt, anders hei\u00dfen, aber auch lustig, erheiternd. Komisch ist schon ziemlich komisch und Roberto Benigni’s Film ist genau das.<\/p>\n

Filmtechnisch zweigeteilt mit dem lockeren Leben und der Liebe des Juden Guidos und der gut b\u00fcrgerlichen Dora in der ersten H\u00e4lfte des Films und der Zeit im Konzentrationslager, die den Rest des Films einnimmt. Doch der Film l\u00e4sst sich nicht zweiteilen, auch wenn dem Zuschauer ganz und gar klar ist, dass mit dem Abtransport von Guido und seinem Sohn ins KZ der Spa\u00df des Lebens vorbei sein muss. Er ist auch vorbei, doch „Das Leben ist sch\u00f6n“ will dennoch nicht den schwarz-wei\u00dfen Kontrast eingehen, wie dies Schindlers Liste beispielsweise tut. Der Film bleibt komisch, denn lustig m\u00f6chte ich nicht verwenden. Guido versucht seinem Sohn das Grauen des KZ zu nehmen indem er ihm erkl\u00e4rt, dass dies alles nur ein Spiel sei. Ein hartes Spiel zwar, aber es geht ja auch um einen super Preis: einen nagelneuen Panzer.<\/p>\n

Auf der DVD H\u00fclle zum Film steht Folgendes, dem ich vehement widerspreche und somit meine \u00dcberlegung zum Film deutlicher werden lasse: „Roberto Benigni meistert sicher die Gradwanderung zwischen Schrecken und Komik.“ Es ist keine Gradwanderung, der Grad ist ein riesen Feld, dass man nicht \u00fcberblicken kann und Komik und Schrecken bedingen sich gegenseitig, nicht nur in diesem Film. Durch die Notwendigkeit seinem Sohn die Realit\u00e4t zu einem Spiel zu machen, wird erst deutlich wie brutal die Wirklichkeit im KZ war. Guido bringt in der ersten H\u00e4lfte seinem Sohn jede Menge Schabernack bei und ist dabei nie besorgt, seinem Sohn die Schwierigkeiten des Lebens nahe zu bringen; wenn auch immer mit dem ihm eigenen Witz.<\/p>\n

Aber das KZ ist nicht mehr witzig, es ist nicht lustig, auch wenn Benigni seine Zuschauer n\u00f6tigt zu lachen. Seine Komik ist hier keine Gradwanderung, sondern einzig und allein Ausdruck des Schreckens, der sich in seinem eingemei\u00dfelten L\u00e4cheln zeigt. Dass er dieses L\u00e4cheln nicht mehr verliert, bis zu seinem Tod, durch Erschie\u00dfen, zeigt meiner Meinung nach nicht den Humor, den er sich bis zu letzt behalten hat, sondern nur, dass er sich der Realit\u00e4t so weit entzogen hat, bis es auch f\u00fcr ihn zu einem Spiel geworden ist. So lange, bis er selbst seine eigenen Notl\u00fcgen angefangen hat zu glauben. So lange bis Komik nicht mehr das Leben einfacher, sch\u00f6ner werden l\u00e4sst, sondern f\u00fcr Guido und seinen Sohn das Leben nur noch mit Komik zu bew\u00e4ltigen ist. Komik ist kein Beiwerk mehr, Komik ist \u00dcberlebensstrategie.<\/p>\n

Ein \u00dcberlebender, ich wei\u00df leider nicht mehr wer, hat \u00fcber Auschwitz gesagt, dass es alles von dir nimmt, was dich jemals als Mensch hat f\u00fchlen lassen und nur das zur\u00fcck l\u00e4sst, wessen du dich bedienen kannst, aber was so weit weg ist, dass du dich auch weit weg f\u00fchlst.<\/p>\n

Dieses Etwas, kann Schrecken sein, Brutalit\u00e4t, Angst oder Grauen. Es kann aber auch ein L\u00e4cheln sein und diesem L\u00e4cheln entspricht keine Menschlichkeit.<\/p>\n

Doch ein Leben nach Auschwitz sagte der Selbe, sei wie ein Schmelzen dicken Eises. Als erstes taut das auf, was dich dort hat \u00fcberleben lassen und als letztes taut man selbst auf. Guidos L\u00e4cheln kann nicht wieder auftauen. Guido ist tot.<\/p>\n

<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Eine Filmkritik von Roberto Benigni’s „Das Leben ist sch\u00f6n“ mit besonderem Augenmerk auf die Komik, die den Film so bekannt gemacht hat. Es soll gezeigt werden, dass Komik hier nicht mit Lustig verwechselt werden sollte, so lustig der Film auch ist. Nicht aus einer moralischen Perspektive, sondern um der Komik des Filmes gerecht zu werden.<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[4],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/77"}],"collection":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=77"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/77\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=77"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=77"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=77"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}