{"id":677,"date":"2004-05-27T13:28:00","date_gmt":"2004-05-27T13:28:00","guid":{"rendered":"http:\/\/www.onezblog.de\/?p=9"},"modified":"2015-12-11T17:00:25","modified_gmt":"2015-12-11T16:00:25","slug":"der-mensch-ist-die-krone-der-schoepfung-nur-schade-dass-es-eine-dornenkrone-ist-stanislaw-j-lec","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/der-mensch-ist-die-krone-der-schoepfung-nur-schade-dass-es-eine-dornenkrone-ist-stanislaw-j-lec\/","title":{"rendered":"\u201eDer Mensch ist die Krone der Sch\u00f6pfung. Nur schade, dass es eine Dornenkrone ist.\u201c (Stanislaw J. Lec)"},"content":{"rendered":"

In diesem Essay m\u00f6chte ich der Frage nachgehen, ob und inwieweit der Mensch Teil der Sch\u00f6pfung ist und welche Auswirkungen dies hat. Sch\u00f6pfung ist ein sehr glaubensgepr\u00e4gtes Wort, ich werde es hier nur unter einem denktheoretischen Ansatz ber\u00fccksichtigen.
\nDabei werde ich die Beziehung zwischen Sein (Sch\u00f6pfung) und Seele betrachten, um dann die Stellung des Menschen im Ganzen zu suchen und inwiefern diese mit dem Schmerz, dem Dorn, zusammenh\u00e4ngt.<\/p>\n

Ist das Sein ungeworden und wird nie enden? Diese Frage zu kl\u00e4ren, hei\u00dft auch, die Frage nach der Sch\u00f6pfung und die Frage nach dem Schmerz des Menschen zu beantworten. Um eines vorwegzunehmen: Ich werde ein Gedankenmodell entwerfen, was die allgemeine Meinung \u00fcber das Sein zumindest ein wenig in Frage zu stellen versucht.<\/p>\n

Das Sein gilt gemeinhin als eleatisch, wichtig f\u00fcr die folgenden \u00dcberlegungen: ungeworden. Das muss aber nicht sein, es kann auch anders gedacht werden. Es gibt eine zu denkende Ebene, die h\u00f6her ist als das Sein: die Ebene der Prinzipien, in der das Sein nur eines unter vielen ist. Die Prinzipien existierten ohne zu sein. Es ist zum Beispiel ein Prinzip zu denken, das besagt, dass es nur das Nichts gibt. Es best\u00fcnde also ein Prinzip, ohne dass es ist, weil nichts ist. Die Prinzipien sind also nicht vom Sein abh\u00e4ngig. Wenn man das hinnimmt, kann man durchaus zu der \u00dcberlegung kommen, dass das Sein geworden ist. Wodurch aber ist es dann geworden? Das Sein kann nur durch einen Fehler entstanden sein denn:<\/p>\n

Das h\u00f6chste Prinzip in der Ebene des Seins ist das Kausalit\u00e4tsprinzip: Ursache und Wirkung, auf Aktion folgt Reaktion. Das Sein hat aber keine seiende Ursache, allerdings eine seiende Wirkung. Das Sein hat also schon einen Fehler in sich. Das Prinzip eines Fehlers ist das Kaos . Das Prinzip in der Ebene des Seins m\u00fcsste also das Kaos zur Folge haben, das Sein m\u00fcsste aus Kaos bestehen. Dem ist aber nicht so. Alles Seiende ist geordnet, perfekt im System des Seins verankert. Mit einer Ausnahme: der Mensch.<\/p>\n

Hier kommt jetzt die Seele ins Spiel. Denn nur sie kann der Grund f\u00fcr dieses Kaos im Menschen sein, denn sonst unterscheiden wir uns nicht von dem Rest der Sch\u00f6pfung, dem Seienden. Die Seele bringt das Bewusstsein ins Sein und das verursacht den Schmerz des Menschen:<\/p>\n

Zum einen birgt das Bewusstsein schon ein Problem in sich: Es gibt dem Menschen die M\u00f6glichkeit zu erkennen und daf\u00fcr das Werkzeug der Reflexion. Wenn der Mensch sich selbst zu erkennen versucht, tut er das mittels Reflexion. Er kann sich selbst dann zwar zum Teil erkennen, ihm ist aber auch bewusst, dass der Teil, der gerade reflektiert, auch zu ihm geh\u00f6rt, er ihn aber nicht erkennen kann, es sei denn er reflektiert wieder \u00fcber diesen Teil, der vorher noch reflektiert hat. So kommt man in einen unl\u00f6sbaren Kreislauf. Der Mensch wei\u00df also, dass er ist, aber er wei\u00df auch, dass er sich nie ganz erkennen wird. Dadurch entsteht ein Schmerz der Trennung, von sich selbst, aber auch eine Freiheit zur Selbstbestimmung.<\/p>\n

Das Bewusstsein bring ein weiteres Problem mit sich: Der Mensch muss und kann sich nicht mehr unbedingt als Teil der Welt sehen. Er wei\u00df, dass durch die Erkenntnis er der Welt gegen\u00fcber steht, er ist quasi Fremder in seinem eigenen Zuhause. Und er wei\u00df auch, dass trotz Erkenntnis niemals diese Welt ganz zu erkennen sein wird. Dadurch wird der Schmerz des Reflexionsproblems noch verst\u00e4rkt, aber auch hier entsteht erneut Freiheit: die Freiheit von der Natur. Der Mensch ist durch das Bewusstsein in der Lage, seine Instinkte zu ignorieren, und somit frei, sein Leben selbst zu gestalten. Dass dadurch wiederum Probleme entstehen und der Schmerz verst\u00e4rkt wird, muss hier, glaube ich, nicht ausgef\u00fchrt werden, denn ich suche ja nach der Ursache.<\/p>\n

Wenn die Seele aber f\u00fcr dieses Kaos, den Fehler im Sein verantwortlich ist, ist folgendes Modell denkenswert:<\/p>\n

Wenn das Sein durch einen Fehler entstanden ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass es auch durch einen Fehler wieder aufh\u00f6rt zu existieren.
\nDieser zweite Fehler k\u00f6nnte die Seele sein. Sie wird gemeinhin als wohlgeordnet und perfekt gedacht, kommt dann aber in die Welt des Seins und verursacht in dieser wohlgeordneten Welt das einzige Kaos, was in ihr zu finden ist. Eigentlich sollte es doch andersherum sein: Die wohlgeordnete perfekte Seele sollte das einzig Geordnete der Seinswelt sein, in welcher das Kaos herrschen m\u00fcsste. Und genau deshalb k\u00f6nnte die Seele der zweite Fehler sein, der aus der Konsequenz des ersten aufgetreten ist, um diesen aufzuheben. Es w\u00e4re also zu denken, dass nach Verschwinden des zweiten Fehlers der erste auch aufgehoben wird. Dieser war die Grundlage des Seins zu existieren.<\/p>\n

Bezogen auf den Menschen w\u00fcrde dieses Gedankenmodell bedeuten, dass er nur ist um jedes Sein zu zerst\u00f6ren! Wenn der Mensch nur da ist, um den Fehler des Seins \u201eauszub\u00fcgeln\u201c, welch tr\u00fcbe Zukunft w\u00fcrde sich da auftun. Aber wenn man die Menschheitsgeschichte betrachtet, ist es nicht das Abwegigste zu behaupten, dass die Richtung dieses Gedankenmodells durchaus zu finden ist. Der Mensch hat seit seinem Bestehen immer h\u00f6heren Technikstand zu erreichen versucht. Dieses Technikwissen ist allerdings zu einem betr\u00e4chtlichen Ma\u00df zur Vernichtung von Menschen verwendet worden. Sein Streben ging so weit, Waffen zu bauen, die in der Lage sind jedwedes Leben auf diesem Planeten auszul\u00f6schen. Heute ist ihm das m\u00f6glich. Ich will nicht behaupten, dass es realistisch ist anzunehmen, der Mensch werde sich in n\u00e4chster Zeit ausl\u00f6schen, aber denkbar ist es. Die technische M\u00f6glichkeit besteht. Das sollte man sich durchaus vor Augen f\u00fchren.<\/p>\n

Ein Einwand wird sein, der Mensch k\u00f6nne zwar sich selbst ausl\u00f6schen, aber doch nicht alles Sein, diese Waffenkraft ist nicht zu denken. Aber wie oben beschrieben, k\u00f6nnte die Entfernung der Seelen aus dem Sein, das Ende des Seins \u00fcberhaupt bedeuten.<\/p>\n

Wenn der Sinn des Menschen also nur in der Aufl\u00f6sung allen Seins besteht, warum diese dann nicht beschleunigen? Ich habe aber dieses Modell nicht aufgestellt, um diese Schlussfolgerung zu ziehen, sondern um den Schmerz des Menschen zu lindern, ihm den Dorn zu ziehen. Auch wenn ich es nicht vermag, den Schmerz w\u00e4hrend des Lebens zu mindern, das gel\u00e4nge nur durch die Minderung der Freiheit, so kann ich doch eine Prognose daf\u00fcr abgeben, dass nach dem Tod, also der Trennung von K\u00f6rper und der Seele, der Schmerz sofort vergeht. Dass dies keine neue Erkl\u00e4rung ist, wei\u00df ich auch. Nach dem Tod kommt das Paradies, viele Religionen oder Philosophien arbeitet mit diesem Prinzip, ich aber sage: Nach dem Tod kommt das Nichts, was ein unendlich gr\u00f6\u00dferer Garant f\u00fcr die Aufhebung des Schmerzes ist als irgendein zu denkendes Paradies.<\/p>\n

Ich habe aber eine plausible Erkl\u00e4rung gegen den Selbstmord und zur Bejahung des Lebens gegeben. Denn k\u00e4men in einem Augenblick alle Menschen auf die Idee Selbstmord zu begehen, w\u00e4re das Sein aufgehoben. Dieses Sein ist aber die einzige M\u00f6glichkeit der Seele Freiheit zu erlangen, denn im Nichts gibt es keine Freiheit.<\/p>\n

Aus diesem Gedankenmodell muss also nicht eine tr\u00fcbe Zukunft folgen, sondern es entsteht eine neue Notwendigkeit sein Leben zu gestalten. Denn der einzige Vorteil, den die Seele durch die Verbindung mit dem K\u00f6rper erh\u00e4lt, ist die Freiheit: die Freiheit von der Natur und vor allem die Freiheit zur Selbstentfaltung und \u2013gestaltung. Die Seele bekommt also die Chance sich selbst zu definieren. Welches andere Prinzip kann das denn noch? Der Schmerz ist daf\u00fcr zwar ein gro\u00dfer Preis, aber er ist wie die Freiheit seinsgebunden und wird verschwinden, wenn die Seele sich vom K\u00f6rper trennt und ins Nichts zur\u00fcckkehrt. Dort ist die Seele dann zwar ungebunden, aber auch unfrei. Es ist also nicht die Frage, ob aus dem Bewusstsein etwas gewonnen wird oder ob die Dornenkrone, die es uns aufsetzt, uns wirklich ein Dorn ist, sondern nur die Frage nach einer Entscheidung. Diese wird die Dornen in der Krone zwar nicht in Samt verwandeln, aber sie l\u00e4sst uns doch zu K\u00f6nigen werden:<\/p>\n

Wir k\u00f6nnen regieren statt regiert zu werden!<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

In diesem Essay m\u00f6chte ich der Frage nachgehen, ob und inwieweit der Mensch Teil der Sch\u00f6pfung ist und welche Auswirkungen dies hat. Sch\u00f6pfung ist ein sehr glaubensgepr\u00e4gtes Wort, ich werde es hier nur unter einem denktheoretischen Ansatz ber\u00fccksichtigen. Dabei werde ich die Beziehung zwischen Sein (Sch\u00f6pfung) und Seele betrachten, um dann die Stellung des Menschen […]<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":4695,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[3],"tags":[42,43,25,44,39,45,46,41],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/677"}],"collection":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=677"}],"version-history":[{"count":2,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/677\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":4696,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/677\/revisions\/4696"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/media\/4695"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=677"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=677"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=677"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}