{"id":598,"date":"2010-11-11T16:53:25","date_gmt":"2010-11-11T14:53:25","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/?p=598"},"modified":"2010-11-11T16:53:25","modified_gmt":"2010-11-11T14:53:25","slug":"ist-feminismus-langweilig-geworden","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/ist-feminismus-langweilig-geworden\/","title":{"rendered":"Ist Feminismus langweilig geworden?"},"content":{"rendered":"

Kristina Schr\u00f6der ist irgendeine Ministerin im Kabinett Merkel. Familienministerin, wie mir Google gerade verraten hat. Das ist das alte Ressort von Zensursula<\/a> und es scheint doch so, als k\u00f6nne man dort nur mit markschreierischem Gehabe auf sich aufmerksam machen. Ursula von der Leyen hat sich die Kinderpornografie auf die wehenden Fahnen geschrieben, pardon, den Kampf gegen diese im internet und Kristina Schr\u00f6der k\u00e4mpft jetzt auch. Und ratet mal wogegen. Darauf kommt ihr nie. Kinderpornografie ist es jedenfalls nicht, das macht ja die Stephanie zu Guttenberg\u00a0auf RTL2<\/a> jetzt.<\/p>\n

Seine Wortf\u00fchrer haben geglaubt, da\u00df man dadurch nur schm\u00e4hen wolle, und haben sich f\u00fcr aufgefordert gehalten, auch von ihrer Seite wiederum zur\u00fcck zu schm\u00e4hen, wodurch die Sache wieder in ihre nat\u00fcrliche Ordnung komme. Johann Gottlieb\u00a0Fichte<\/a><\/p><\/blockquote>\n

Nein, sie k\u00e4mpft gegen falsch verstandenen Feminismus. Weil der ungemein sch\u00e4digend ist. Und deshalb f\u00fchrt sie mit dem Spiegel ein Interview<\/a> und greift Alice Schwarzer an. Die greifen n\u00e4mlich immer alle an, wenn mal jemand mal wieder was mit Frauen auf den Keks geht oder wenn es um Fertilidings… Fickraten … ne, Wurfraten geht. Also wie viele Kinder die richtigen machen. Also nicht Ausl\u00e4nder und nicht Pack. Geld und Intellekt. Elite eben.<\/p>\n

Also die Schwarzer angemacht hat die Schr\u00f6der. Und die Schwarzer keilt zur\u00fcck. In einem offenen Brief an die Schr\u00f6der<\/a>. Klar, so werden die sich das ja auch gedacht haben, die Presseberater und Medienheinis. Raus aus diesem d\u00e4mlichen Ressort mit den Kindern und Frauen. Opfer. Endlich Mal dahin, wo die Lutzi geht.<\/p>\n

Und wisst ihr was. Ich h\u00e4tte genau dasselbe geschrieben, wenn ich es nicht einfach ignoriert h\u00e4tte. Also dasselbe wie die Schwarzer. Emanzipation hat geklappt. Sie und ich. Der Schr\u00f6der olle Klischees vorwerfen, sie f\u00fcr eher ungeeignet halten auf ihrem Posten. Gut, das h\u00e4tte ich nicht erw\u00e4hnt, sondern nur gedacht, weil man ja auch die Relation zu ihren Vorg\u00e4ngerinnen und -ennen irgendwie nicht ausser acht lassen kann und ob sie da jetzt noch ungeeigneter ist, will ich dann nicht \u00f6ffentlich erkl\u00e4ren m\u00fcssen.<\/p>\n

Die Schwarzer und ich jedenfalls. Naja, eine Passage h\u00e4tte ich vielleicht weggelassen, so aus rein taktischen Gr\u00fcnden schon. Alice Schwarzer benutzt n\u00e4mlich ein \u00e4u\u00dferst verwandtes Argument wie die Kristina Schr\u00f6der und das w\u00fcrde ich immer unterlassen. Schwarzer schreibt als Antwort auf Schr\u00f6der, die die armen Jungen verteidigt, die von gr\u00e4sslichen Feministinnendrachen in Schule und Kindergarten drangsaliert werden:<\/p>\n

Ja, es stimmt, dass wir es mit einer rasanten \u201eFeminisierung\u201c der p\u00e4dagogischen Berufe zu tun haben. Aber warum? Weil die M\u00e4nner einfach nicht mehr Kinderg\u00e4rtner oder Lehrer sein\u00a0wollen<\/em>! Zu schlecht bezahlt und gesellschaftlich nicht anerkannt. Das ist das Problem. Alice Schwarzer<\/p><\/blockquote>\n

So \u00e4hnlich hatte die Schr\u00f6der aber auch was gesagt. War auch nicht besser. Denn Realit\u00e4t und Faktenlage ist nicht erst seit dem sp\u00e4ten Wittgenstein mehr so zum Problem geworden, weshalb beide Kontrahenten im Feministinnenstreit auf sie Bezug nehmen k\u00f6nnen, ohne auch nur ann\u00e4hernd dasselbe meinen zu k\u00f6nnen. Meine Welt ist alles was der Fall ist<\/a>. Die Schr\u00f6der schreibt also folgendes:<\/p>\n

Die Wahrheit sieht doch so aus: Viele Frauen studieren gern Germanistik und Geisteswissenschaften, M\u00e4nner dagegen Elektrotechnik – und das hat eben auch Konsequenzen beim Gehalt. Wir k\u00f6nnen den Unternehmen nicht verbieten, Elektrotechniker besser zu bezahlen als Germanisten. Kristina Schr\u00f6der<\/p><\/blockquote>\n

Also, weil das so verdammt gleich aussieht, das Argument jetzt, h\u00e4tte ich das weggelassen mit dem Realit\u00e4tsbezug. Weil die Schr\u00f6der meint ja auch in der besten aller m\u00f6glich Welten zu leben, wenn sie nur ihr Ding durchzieht. Nicht bildlich gesprochen jetzt. Schwarzer meint das auch, ich \u00fcbrigens nicht. Aber das ist auch eher unerheblich.<\/p>\n

Unerheblich war eigentlich auch das Stichwort, auf das ich hinaus wollte. Ist nicht so gelungen. Viel zu viel Spa\u00df macht es hinzusticheln und zu rumstacheln. Schr\u00f6der gegen Schwarzer ist eine solche Nicht-Diskussion, die uns st\u00e4ndig umwabern und die in Bezug auf das Thema, ob es jetzt Gesellschaft, arme Jungs, Feminismus oder sonst wie hei\u00dfen mag, doch zeigen, dass Frauen mittlerweile auch solche stumpfen Diskussionen einleiten, durchf\u00fchren und davon\u00a0profitieren\u00a0k\u00f6nnen. Das hei\u00dft nicht, dass jetzt irgendwas besser ist, aber es hat sich etwas ge\u00e4ndert. Und das meine ich jetzt mal ganz frei von Ironie.<\/p>\n

Nicht, dass es f\u00fcr mich jetzt besonders entscheidend ob mit Schr\u00f6der gegen Schwarzer jetzt der alte Gerd gegen irgendeinen andern gemeint ist oder eben die Kristina gegen die Alice. Beides irgendwie L\u00fcckenf\u00fcller, etwas \u00fcber dem sonstigen Vorabendserienniveau anzusiedeln. Aber auch eher unspannend. Und nicht lustig. Da dann lieber die Schwarzer gegen die Feldbusch oder Pooth, wie sie jetzt hei\u00dft schauen. Sp\u00e4terer Abend gewesen. Witziger. Und danach dann mal im Ernst.<\/p>\n

[youtube 5ABaokPAtDI]<\/p>\n

Ich finde es durchaus bezeichnend und eine Errungenschaft der Emanzipationsbewegungen der letzten drei\u00dfig Jahren, dass wir uns so etwas im Fernsehen anschauen k\u00f6nnen und auch solche Diskussionen unsere Zeitungen und Magazine besch\u00e4ftigt. Nicht, weil es sich daf\u00fcr gelohnt h\u00e4tte, sondern weil es durch diese Trivialisierung des Themas deutlich wird, wie selbstverst\u00e4ndlich viele Themen schon geworden sind, die vor gar nicht so langer Zeit eine erheblich heftiger gef\u00fchrte Kontroverse hervorgerufen h\u00e4tte. Heute kann man sich gelangweilt und gelassen von diesem Gepl\u00e4rre bed\u00fcdeln lassen.<\/p>\n

Und damit ist keineswegs angedeutet, dass es nicht auf vielen Feldern noch einiges zu beackern gibt. Emanzipation ist ja kein Reformpacket, was verabschiedet und vergessen werden kann. Aber es ist dennoch beschaulich, dass man nicht mehr f\u00fcr jedes Detail k\u00e4mpfen muss, sondern eher um die Aus- und durchf\u00fchrung. Und hier gehe ich Mal weg von den Frauen, auch deshalb, weil man sich vielleicht als geneigter Leser gefragt haben k\u00f6nnte, warum gerade ein mann dar\u00fcber schreibt. Aber \u00e4hnliches ist in vielen anderen Bewegungen zu beobachten.<\/p>\n

Trivialisierung ist nicht partou schlecht, sondern meist ein angenehmer Indikator daf\u00fcr, dass etwas davon angekommen ist. Ist Feminismus also langweilig geworden? Ja und nein. Viele K\u00e4mpfe fr\u00fcherer Jahre sind es geworden und das ist wunderbar so. Neue K\u00e4mpfe sind daraus entstanden. Kristina Schr\u00f6der hat davon noch nicht so viel mitbekommen. Bei Alice Schwarzer wei\u00df man das auch nicht so genau. Aber vielleicht braucht der Feminismus auch gar keine Lausprecherinnen mehr. Das w\u00e4re optimal.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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