{"id":52,"date":"2007-11-21T21:01:21","date_gmt":"2007-11-21T19:01:21","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/52\/generation-google\/"},"modified":"2007-11-21T21:01:21","modified_gmt":"2007-11-21T19:01:21","slug":"generation-google","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/medien\/generation-google\/","title":{"rendered":"Generation Google"},"content":{"rendered":"

Auf einer Konferenz zur Koordination der Institutshomepages an unserer Uni, auf der ich gestern war, wurde \u00fcber eine bessere Zielgruppenorientierung der Institutsseiten gesprochen. Die Seiten sollen besser und einheitlicher strukturiert werden, um sowohl Studenten, als auch Studieninteressierten eine leichtere Orientierung und Navigierung zu den wichtigsten Informationen zu erm\u00f6glichen. Ich will euch nicht mit Details langweilen, sondern auf einen speziellen Punkt eingehen, der mir sowohl internetspezifisch, als auch soziologisch interessant erscheint.<\/p>\n

Ich habe nach einigem Debattieren \u00fcber die gemeinsame Strukturierung eingewandt, dass der Internetnutzer meiner Generation sucht, und nicht gef\u00fchrt werden m\u00f6chte. „Er sucht“ ist hier in einem ganz speziellen Fall gemeint und bezieht sich kaum noch auf die Webseitenstrukturen. Der Nutzer von Heute sucht auf die Art und Weise, wie er es gewohnt ist. Gewohnt ist er Google. Wir sind die Generation Google. Wir wollen einen einfachen, \u00fcbersichtlichen Suchschlitzin den wir unsere Stichw\u00f6rter eingeben. Danach wollen wir relevante Inhalte zu diesen Stichw\u00f6rtern. Bekommen wir diese nicht sp\u00e4testens nach 20 Vorschl\u00e4gen, werden noch ein paar andere Suchwortvarianten ausprobiert und sollten diese auch nicht zur gew\u00fcnschten Informationsbefriedigung f\u00fchren, werden wir annehmen, dass diese Informationen nicht vorhanden sind.<\/p>\n

Was nicht bei Google ist, das ist nicht.<\/p>\n

Nach diesem \u00fcberspitztem Motto scheinen unglaublich viele Nutzer unterwegs zu sein und das auch nicht nur im virtuellen Leben. Das Informationsbeschaffungsverhalten scheint sich drastisch ver\u00e4ndert zu haben. Oder hat noch jemand einen Fahrplan der Bahn Zuhause? Ein Telefonbuch, wann das letzte Mal benutzt? Mit der Stra\u00dfenkarte seine Reiseroute zusammen gestellt? Rhetorische Fragen. Die Grundtendenz bleibt. Informationen werden virtuell und Google ist das Werkzeug der Beschaffung. Google bietet vom Routenplaner, \u00fcber die Adresse und Telefonnummer des n\u00e4chstgelegenen Friseurs, bis zum Lebenslauf der Arbeitsbekanntschaft alles an, was wir an Informationen im t\u00e4glichen Leben zu brauchen meinen. News, B\u00fccherarchivierung und Sozialverhalten in Communities wie Orkud inklusive. Google wird oder ist schon lange Teil unseres Lebens, so unvermeidbar wichtig wie ein Mobiltelefon.<\/p>\n

Diese Art der Informationsbeschaffung schr\u00e4nkt allerdings unsere Informationsquellen extrem ein. Nicht beim Routenplaner oder dem Telefonbuch, sondern bei „Informationen“, die wir uns durch eigenst\u00e4ndiges Denken „beschaffen“ m\u00fcssen. Ich f\u00fchre nun seit einigen Jahren schon Internetseiten und kann auch sehen, \u00fcber welche Suchw\u00f6rter Menschen auf meine Seite kommen, was zum Teil wirklich erschreckend ist. „Wie mache ich mit ihr am besten Schluss“ oder „Welchen Sinn macht mein Leben“ sind keine Seltenheit mehr, meine Statistiken sind voll von solchen oder anderen Fragen \u00e4hnlichen Kalibers.<\/p>\n

Man k\u00f6nnte meinen, die Menschen w\u00fcrden sich von Google die Welt erkl\u00e4ren lassen und sich ihres eigenen Verstandes nicht mehr bedienen wollen. Selbst grundlegende Fragen des Lebens sollen fremdbeantwortet werden.<\/p>\n

Man kann sicher einwenden, dass dies auch schon vor der Generation Google der Fall war und erst jetzt wirklich deutlich wird. Aber das w\u00e4re wohl zu kurz gegriffen. Das Netz wird zum Zuhause und der erste Ansprechpartner ist der vertraute Freund Google. Dieses befremdliche Verhalten und dessen Auswirkungen sind sicher nicht zu untersch\u00e4tzen \u2013 bei gleichzeitiger Anerkennung der ungemeinen Vorteile, die eine Digitalisierung von Informationen mit sich bringt.<\/p>\n

Dieses Verhalten muss registriert und umgesetzt werden, will man eine benutzerfreundliche Internetseite gestalten. Vor allem wenn man ein so reges Interesse an einer guten Informationslage hat, wie meine Universit\u00e4t. Die Suche der Uniseiten ist grausam und selbst f\u00fcr nicht schon durch Google verw\u00f6hnte Nutzer unbrauchbar. Gute Strukturen f\u00fcr den Aufbau sind immer noch eine sehr wichtige Komponente f\u00fcr eine erfolgreiche Seite, aber es muss eine Suche mit angeboten werden, will man nicht Google die Kontrolle \u00fcber den Suchenden komplett abgeben. Brauche ich Informationen zu einer bestimmten Studienordnung und finde diese nicht auf Anhieb im Institut, nutze ich die Suche. Finde ich nichts, nutze ich Google. Ein Verlust f\u00fcr die Uniseite, denn sie kann die Anforderungen des Nutzers nicht erf\u00fcllen, obwohl die Pr\u00fcfungsordnung sicher irgendwo Online ist. Ganz schlimm wird es dann, wenn auch Google nichts findet, denn dann geht der Nutzer davon aus, dass diese Studienordnung nicht existiert.<\/p>\n

Sie existiert, aber weder die Strukturierung hat den Nutzer dahingef\u00fchrt, noch die interne Suche, noch die Google-Suche. Der Nutzer ist aber gew\u00f6hnt zu finden, was er bei Google eingibt und bedenkt nicht, dass Google keineswegs eine perfekte Suchmaschine ist, die noch lange nicht semantisch vorgeht, sondern eine ungemein fehlbare Maschine.<\/p>\n

Die Fehlbarkeit des Menschen wird auf eine Maschine abgew\u00e4lz. Nicht zum Toasten von Brot, zur Bewegung von A nach B oder zur Produktion von gef\u00e4hrlichen Substanzen, sondern beim Menschen-eigensten Vorgang: der Informationsbeschaffung, der Neugierde.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Google ver\u00e4ndert unser Informationsbeschaffungsverhalten und stellt den Menschen vor eine neue digitale Herausforderung. <\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[6],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/52"}],"collection":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=52"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/52\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=52"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=52"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=52"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}