{"id":454,"date":"2009-03-06T21:38:36","date_gmt":"2009-03-06T19:38:36","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/?p=454"},"modified":"2009-03-06T21:38:36","modified_gmt":"2009-03-06T19:38:36","slug":"gottesbeweise","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/gottesbeweise\/","title":{"rendered":"Gottesbeweise*"},"content":{"rendered":"

Ich stehe gerade vor dem motivationstechnischen Scherbenhaufen eine Hausarbeit \u00fcber Gottesbeweise schreiben zu m\u00fcssen und habe da ebenso viel Lust drauf, wie mach ein Kicker \u00fcber einen solchen zu latschen, um den Teamgeist zu st\u00e4rken. Sicher ist mir bewusst, dass solche Argumentations\u00fcbungen sein m\u00fcssen, will man irgendwann professionell die Eulen der Minerva nach Athen tragen, und doch, der Unwille bleibt. Denn so viel zu Gottesbeweisen geschrieben wurde, so gro\u00dfe Namen sich auch damit befasst haben, der Sinn, diese Frage nach der Beweisbarkeit Gottes \u00fcberhaupt zu stellen, leuchtet mir einfach nicht ein. Denn was w\u00fcrden denn alle diese Gl\u00e4ubigen tun, wenn einer dieser vielz\u00e4hligen Beweise denn wirklich Mal hinhauen w\u00fcrde? Nicht mehr glauben? Dann h\u00e4tten sie doch das Spiel des Lebens verloren, sieht das doch vor, dass man ganz lange und ganz doll an Gott glaubt und dann noch viel l\u00e4nger und doller daf\u00fcr belohnt wird. Mit frei zu erfindenden Paradiesen, dem unendlichen Leben und vor allem der Ruhe vor den ganzen Ungl\u00e4ubigen, die den Gl\u00e4ubigen das Leben erst vermiesen, indem sie ihnen in die Ursuppe spucken.<\/p>\n

Aus diesem Grund ist mir auch allein die Pascalsche Wette irgendwie sympathisch, so falsch sie auch sein mag. Aber hier wird vieles offenbar, was sonst hinter gro\u00dfen Worten und noch gr\u00f6\u00dferen Riten versteckt wird. Dass man glaubt, so irgendwie mehr von der eigenen Existenz zu haben und wenn man auch damit bis nach dem leben warten muss. Dabei soll gar nicht bestritten werden, dass der Glauben an irgendeinen Gott, der immer hilft, an den man alle seine Probleme heften kann und der auch sonst noch so manchen Trick parat hat, nicht zu einem besseren Leben f\u00fchren kann, als dem nackten Dasein ohne Sinn und Ziel in seinen vermoderten Rachen schauen zu m\u00fcssen. Alles eine Frage der Perspektive. Aber manche m\u00f6gen’s hei\u00dft, ihr wisst schon.<\/p>\n

Aber die H\u00f6lle ist nunmal abgeschafft und da bleibt uns Glaubensversagern nur noch das unendliche Nichts. Es wird also offiziell nicht mehr die Angst der Menschen im Sinne Pascals berufen, sondern an das moderne Ego appelliert. Wer w\u00e4re heute im Zeitalter der Superhelden nicht gerne unsterblich. Jesus Christ Superstar also als moderne Actionfigur, die singend und h\u00fcpfend das Dogma seiner Herrlichkeit den Kids wieder n\u00e4her bringen soll.<\/p>\n

Aber eigentlich sollte es darum gar nicht gehen. Stringenz ist also meine St\u00e4rke auch nicht. Vielleicht sollte ich die Seite wechseln und flammende Pamphlete f\u00fcr die Existenz der Herren halten, denn f\u00fcr einen entscheiden k\u00f6nnte ich mich nicht. Fr\u00fcher konnte ich mich an Fasching auch nie entscheiden, als welcher Held ich denn gehen sollte.<\/p>\n

Gottesbeweise also. Im Grunde laufen die doch alle den selben langweiligen Weg und begehen den einen groben Schnitzer. Da werden ellenlange Beweisskizzen erstellt, zigfach die Evidenz angerufen, um am Ende dann doch nur etwas vorzufinden, dass man nicht erkl\u00e4ren kann und deshalb Gott nennt, weil Gott unerkl\u00e4rlich ist. Bibelzitate werden da ebenso wie Aminos\u00e4uren aufgetischt und das ganze riesen Tamtam soll nur verschleiern, dass das Etwas<\/em>, was entweder Ursache, das H\u00f6chste, das Gute oder sonstwas Unbeschreibliches ist, eben nicht damit automatisch ihr Gott ist, um den sie sich so bem\u00fchen, sondern Etwas<\/em> bleibt.<\/p>\n

Denn mit der Existenz von Etwas, das man dann nat\u00fcrlich benennen kann wie man m\u00f6chte und somit gerne auch Gott preisen kann, ist erstens genau nichts bewiesen, au\u00dfer, dass irgendwo genau vor diesem Etwas die Grenze unserer Erkenntnism\u00f6glichkeit und somit Beweisbarkeit, Erkennbarkeit und Aussagbarkeit endet und zweitens jede \u00dcbereinstimmung mit real existierenden B\u00fcchern rein zuf\u00e4llig ist. Und dann kann mir die Evidenz dieser Flaschengeister noch so derma\u00dfen etwas anderes sagen. Nur weil einige hier aufgef\u00fchrten Eigenschaften auch in diesem veralteten B\u00fcchern stehen, ist nichts \u00fcber den Gehalt dieser ausgesagt, sondern nur, dass man allein mit S\u00e4ufern…\u00e4h…T\u00e4ufern eben kein Weltreich errichten kann.<\/p>\n

Den Beweis allein ins Metaphysische zu dr\u00fccken und etwas von Beweger, Verursacher und immer wieder Liebe zu faseln reicht nicht, wenn Butter bei die Fische Not tut. Und die Fischer f\u00fchren uns immer hinter den brennenden Dornenbusch zur Offenbarung. Denn die allein macht gl\u00fccklich und in dem Fall stimmt das auf mich bezogen sogar, wenn all diese, die vom Lichte des Granatapfels genascht habe bei ihrer Offenbarung auch blieben und ihren Glauben eben nicht mit Wissen verwechseln w\u00fcrden. Und ich somit diese Hausarbeit nicht schreiben m\u00fcsste. Amen.<\/p>\n

Dann w\u00fcrde ich gem\u00fctlich an diesem Freitagabend auf der Couch liegen, mit meinem imagin\u00e4ren Freund zusammen das Spiel Schalke gegen K\u00f6ln kommentieren und sie bei der selben Besch\u00e4ftigung ihrem imagin\u00e4ren Freund ehrf\u00fcrchtig nach jedem Tor f\u00fcr die richtige Mannschaft danken, wie g\u00fctig er doch ist und wie sehr sie ihn lieben.<\/p>\n

*Wer nach der \u00dcberschrift auf eine ausgewogene Abw\u00e4gung aller Argumente und eine differenziertere Betrachtung gehofft hat, der sei darauf verwiesen, dass Ironie und bellender Sarkasmus schon immer ein Mittel der Ebenbilder Gottes gewesen ist, um ihrer tristen Umwelt auch ohne Drogen etwas abzugewinnen. Und da ich meine, dass Thomas von Aquin aus einem \u00e4hnlichen Anreiz heraus diese plumpen f\u00fcnf Wege zur Existenz Gottes aufgeschrieben hat, werde ich wohl mit dem Unverst\u00e4ndnis der Leser ebenso wie der gute alte Thomas leben und sterben m\u00fcssen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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