{"id":257,"date":"2008-08-07T13:37:02","date_gmt":"2008-08-07T11:37:02","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/257\/tausend-und-eine-these-ueber-das-internet\/"},"modified":"2008-08-07T13:37:02","modified_gmt":"2008-08-07T11:37:02","slug":"tausend-und-eine-these-ueber-das-internet","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/tausend-und-eine-these-ueber-das-internet\/","title":{"rendered":"Tausend und eine These \u00fcber das Internet"},"content":{"rendered":"

Das Internet als Meinungsnetz, als Verbraucherplattform und als Austauschbasis derjenigen, die sonst nicht geh\u00f6rt werden, ist eine oft vertretene Perspektive, die sicherlich einen guten Zugang zu dem bietet, was wir am Internet immer mehr zu sch\u00e4tzen lernen. Die These hat viele St\u00e4rken, allen voran die demokratisch-\u00f6konomische Aussage, dass es nicht nur wichtig, sondern f\u00fcr den demokratischen Prozess innerhalb einer immer anonymer werdenden \u00d6konomie unverzichtbar ist, dass Verbraucher, W\u00e4hler, Kunden und Arbeitnehmer sich vernetzen und das Internet die M\u00f6glichkeit dazu bietet. Ob dies so auch genutzt wird, wissen wir nicht und m\u00fcssen uns mit Beispielen behelfen.<\/p>\n

Doch wann immer Beispiele und keine fundierten und ausgewiesene Statistiken zur Hand sind, das Themenfeld sich aber nicht einfach theoretisch abhandeln l\u00e4sst, finden sich auch Gegenbeispiele, die selbst starke Thesen abschw\u00e4chen.<\/p>\n

Ein solches Beispiel m\u00f6chte ich hier mit euch diskutieren. Blogs und Foren sind wohl die Kommunikationsformen, die am Ehesten zu Rate gezogen werden m\u00fcssen, m\u00f6chte man das Internet als Meinungs- und Austauschnetz beschreiben.<\/p>\n

Ich habe vor mittlerweile 2 Jahren mal einen Artikel auf meinem Onezblog<\/a> geschrieben, den ich mit „Wahre Liebe ist eine Entscheidung<\/a>“ \u00fcbertitelt habe. Die \u00dcberschrift sagt alles \u00fcber den Artikel aus, ich m\u00f6chte auch gerade nicht prim\u00e4r den Inhalt diskutieren, sondern exemplarisch einen Kommentar zu diesem Artikel behandeln, der mich eine Schw\u00e4che in der oben beschriebenen These aufzeigen l\u00e4sst. Gestern schrieb ein mir unbekannter Mathias folgenden Kommentar<\/a> zu dem Artikel:<\/p>\n

Die liebe sucht sich ihre protagonisten, und nicht umgekehrt, und deswegen ist wahre liebe keine entscheidung, sondern eine berufung.<\/p><\/blockquote>\n

Dies ist kein Auszug aus dem Kommentar, sondern er wurde genau so abgegeben. Seine These ist sicherlich zu st\u00fctzen und sein Kommentar w\u00e4re sicherlich eine gute Einleitung zu einer Kritik an meinem Artikel. Nur, die Kritik fehlt. Was dort steht ist eine Meinung ohne ausgef\u00fchrte Gr\u00fcnde. Ich unterstelle meinen Kommentatoren immer gute Gr\u00fcnde zu haben, auch wenn auf Nachfrage zu solchen Kommentaren selten Ausf\u00fchrungen kommen. Wohl weniger, weil die Ausf\u00fchrungen dem Kommentator nicht m\u00f6glich sind, sondern, weil er meine Nachfrage wahrscheinlich nicht lesen wird.<\/p>\n

Und diese Anonymit\u00e4t, die in der obigen These gerade zur St\u00e4rke ernannt wird, weil nur so ein Jeder seine Meinung sagen kann, ohne Repressionen zu f\u00fcrchten oder von diesen Beeinflusst zu werden, so wird die Anonymit\u00e4t des Internets hier und in vielen weiteren F\u00e4llen zum Problem. Meinung wird verbreitet, Austausch findet dadurch aber nicht automatisch statt. Denn was bringt es mir diese Meinung zu lesen, wenn mir der Hintergrund vollkommen unbekannt ist, wenn die Gr\u00fcnde fehlen, wenn Nachfragen nicht beantwortet werden.<\/p>\n

Meinung und Austausch in der oben genannten These sind nicht das Problem, denn das kann man ohne weiteres massenhaft im Internet finden. Doch ob die Bewertung dieses Meinungsaustauschs darf nicht so oberfl\u00e4chlich geschehen. Das Internet kann sicherlich in den demokratisch-\u00f6konomischen Problembereich eingreifen und dort Ver\u00e4nderungen hervorrufen, doch ob dies schon geschieht, wie die immer wieder angef\u00fchrten Beispiele zu bewerten sind, muss sich erst noch herausstellen. Sicherlich m\u00fcssen wir zur \u00dcberpr\u00fcfung solcher Thesen nicht warten, bis sie Geschichte geworden sind, aber wir sollten versuchen unseren Enthusiasmus oder auch unseren Pessimismus\u00a0 soweit aus der Beschreibung des Internets herauszuhalten, dass nicht jede Beschreibung des Internets nur eine wissenschaftlich anmutende Zusammenfassung des eigenen Interesses am Internet darstellt.<\/p>\n

Thesen \u00fcber das Internet gibt es wohl so viele, wie es Leute gibt, die Thesen \u00fcber das Internet aufstellen. Ich denke, es wird Zeit, dass sich die Wissenschaft nicht nur „zum Spa\u00df“ mit dem Internet besch\u00e4ftigt. Denn die gesellschaftliche Relevanz des Internets l\u00e4sst sich schon durch die Nutzungszahlen jedenfalls erahnen. Dabei ist es dann ganz egal, ob die Leute im Internet verdummen, endlich die \u00f6konomische Ausgleichsfunktion zur Macht des Anbieters finden, nur auf subjektive Einzelmeinungen treffen oder eben die digitalen Klow\u00e4nde betrachten. Sobald mehr als die H\u00e4lfte einer Gesellschaft ins Internet geht, kann man sicher sein, dass sie sowohl das Internet ver\u00e4ndern, als auch durch dieses ver\u00e4ndert werden. Und diese Ver\u00e4nderung sollten wir nicht nur im Selbstexperiment versuchen darzustellen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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