{"id":226,"date":"2008-04-21T13:53:09","date_gmt":"2008-04-21T11:53:09","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/226\/konsumiertes-vertrauen-der-olympische-bumerang\/"},"modified":"2008-04-21T13:53:09","modified_gmt":"2008-04-21T11:53:09","slug":"konsumiertes-vertrauen-der-olympische-bumerang","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/konsumiertes-vertrauen-der-olympische-bumerang\/","title":{"rendered":"Konsumiertes Vertrauen: Der olympische Bumerang"},"content":{"rendered":"

Olympia verkommt langsam zu einem Fiasko f\u00fcr alle Beteiligten, obwohl die Spiele noch gar nicht angefangen haben. China sieht sich massiver Proteste ausgesetzt und stellt sich, medial zelebriert, immer weiter in die Ecke der Diktatur mit \u00fcberhaupt keinem Antlitz. War das Image des roten Riesen bisher zwar sicher kein positives, so kippt die Stimmung gerade und es wird nicht mehr geglaubt, dass ein Staat, der mit solch massiven Problemen k\u00e4mpft, sich trotzdem auf einem insgesamt „richtigen“ Weg befindet. Demokratie braucht Zeit und China l\u00e4sst sich eben nicht in 20 Jahren vom Saulus zum Paulus reformieren. Die H\u00e4rte, mit der die „moderaten“ Kommunisten fern\u00f6stlicher Pr\u00e4gung gegen die Freiheitsliebe Tibets vorgehen und zudem eine Propagandaschlacht gegen die westlichen Medien<\/a> fahren, wird auch den letzten medial beeinflussten Menschen zum potentiellen „Free-Tibet T-Shirt Tr\u00e4ger<\/a>“ machen. Vor allem, da unsere Medien diesen Fehdehandschuh der Chinesischen Staatsf\u00fchrung gerne aufnehmen. Dabei ist es egal, ob China legitim handelt oder nicht, denn diese Frage stellen sich unsere Medien nicht. Es werden Vorh\u00e4nge aufgebaut. Das stelle ich erstmal kritiklos fest. Mir fehlt der geopolitische Hintergrund, um irgendwelche Beurteilungen vorzunehmen.<\/p>\n

Die mediale Aufmerksamkeit der Olympischen Spiele wird zum Bumerang. Ich denke, viele an den Spielen Beteiligten w\u00fcrden sich um weniger Berichterstattung im Moment sicher freuen, denn diese wird zum olympischen Bumerang.<\/p>\n

Doch frage ich mich, wen diese Propagandaschlacht wirklich trifft. Denn China wird sicher nicht unter dem Image leiden, dass die westlichen Medien gerade aufbauen. Alle westlichen Staaten, die jetzt demonstrativ den Dalai Lama treffen, oder treffen wollen, erw\u00e4gen keine Vertreter zu den Olympischen Spielen zu schicken oder den Papiertiger frei zu lassen und ihn drohend gegen den chinesischen Drachen in Stellung zu bringen, wollen sie wirklich mehr, als auf den medialen Zug aufspringen? Diese Staaten sind in Zukunft darauf angewiesen mit der neuen Wirtschaftsmacht China zu kooperieren und Menschenrechte nur soweit anzuprangern, dass keine wirtschaftsf\u00f6rdernden Vertr\u00e4ge platzen<\/a>. Man ist mit dem roten Riesen ebenso verbunden, wie man beispielsweise mit dem menschenrechtlich auch nicht immer einwandfrei agierenden USA verbunden ist. Guantanamo ist nicht Tibet, aber wirkungsvolle Aussagen deutscher Politiker bleiben dazu ebenso aus. Menschenrechte sind ein oft teuer erkauftes Gut, das aufgrund seiner Unbezahlbarkeit, nicht f\u00fcr Wachstum und wirtschaftliche Beziehungen verkauft werden sollte.<\/p>\n

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Im Gegensatz zu China trifft der olympische Bumerang die westlich verwurzelten Global Player empfindlich. Diese erhoffen sich mit Olympia und der Zugkraft der Spiele Wachstum, steigende Abs\u00e4tze und ein tolles Image. Denn „gl\u00fccklicherweise“ ist die Olympia Sponsorenschaft ein knappes Gut<\/a>. Sport ist ein Gesch\u00e4ft und das nicht erst seit gestern. Olympia ist schon sehr fr\u00fch auf die kommerzielle Welle der Massenvermarktung eines „einzigartigen“ Events aufgesprungen. Medien waren die Dampfmaschine dieses goldenen Zuges und jetzt macht man sich ernsthafte Gedanken \u00fcber den \u00dcberdruck, den eben diese erzeugen. Sponsor der Olympischen Spiele in Beijing zu sein wird zum Image-Bumerang<\/a>. Das mediale Interesse ist so gro\u00df wie noch nie und das einige Zeit vor den Spielen. Doch es sind nicht nur Helden und Sympathietr\u00e4ger des Sports, die mit Adidas ausgestattet werden, sondern auch chinesische Milit\u00e4rpolizisten, die wohl weniger dazu beitragen werden, den Sponsoren ein cooles, hippes und soziales Image zu geben.<\/p>\n

Der Fackellauf des Friedens verkommt zum Spie\u00dfrutenlauf. Insgeheim werden sicher schon einige Sponsoren dar\u00fcber nachdenken, ihre Partnerschaften zu beenden, denn kaum etwas wiegt schwerer, als ein Vertrauensverlust der Konsumenten. Ganz so, als h\u00e4tte man nichts Vern\u00fcnftiges zu verkaufen, ganz so, als w\u00e4re all das Produzierte nichts wert ohne lupenreines Image. Image ist die einzige M\u00f6glichkeit medial wahrgenommen zu werden und Dinge zu verkaufen, die im Grunde genommen niemand braucht. Doch wir kaufen, weil wir mit diesen<\/em> Schuhen wie der zuk\u00fcnftige Olympiasieger laufen, mit diesem<\/em> Trikot einfach besser Fu\u00dfball spielen und nur mit diesen <\/em>Socken richtig l\u00e4ssig auf dem Center Court von Bottrop die M\u00e4dels aus der Parallelklasse beeindrucken. Gef\u00fchle lassen sich nicht erkaufen, aber konditionieren.<\/p>\n

Der olympische Bumerang trifft sicherlich nicht die falschen Firmen und Marken. Dennoch warne ich vor Adidas-Boykott-T-Shirts und Trinkt-Pepsi-statt-Cola-Initiativen, bevor diese \u00fcberhaupt gegr\u00fcndet werden. Dadurch wird kein Tibeter frei kommen, kein Chinese mehr seine Meinung \u00e4u\u00dfern d\u00fcrfen und schon gar kein Global Player an seine ethischen Grunds\u00e4tze erinnert werden. Das Markenkarussell wird sich nur weiter und immer weiter drehen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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