{"id":202,"date":"2008-03-21T21:56:14","date_gmt":"2008-03-21T19:56:14","guid":{"rendered":"http:\/\/www.endlosrekursion.de\/202\/solino\/"},"modified":"2008-03-21T21:56:14","modified_gmt":"2008-03-21T19:56:14","slug":"solino","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/kultur\/solino\/","title":{"rendered":"Solino"},"content":{"rendered":"

Ich m\u00f6chte euch nach „Auf der anderen Seite<\/a>“ einen weiteren Film von Fatih Akin vorstellen. Das Drehbuch f\u00fcr „Solino<\/a>“ stammt allerdings nicht von Akin sonder entstammt der Feder von Ruth Tomas, was man dem Film anmerkt, spielt doch eine italienische Familie die Hauptrolle und nicht, wie gewohnt von Akin, eine t\u00fcrkisch-deutsche. Die Probleme des Filmes sind aber dennoch die tiefgr\u00fcndigen Probleme, die Akin in allen seinen Filmen anspricht: entwurzelte Heimat und die Verworrenheit des kulturellen Miteinanders.<\/p>\n

Akin setzt wie immer auf hervorragende Schauspieler und hat mit Moritz Bleibtreu sogar einen Star des deutschen Kinos gewinnen k\u00f6nnen. Man kann Bleibtreu m\u00f6gen oder nicht, in diesem Film spielt er gro\u00dfartig und wird erg\u00e4nzt von Barnaby Metschurat, Gigi Savoia und Patrycia Ziolkowska. Es ist immer schwierig einen so ruhigen Film zu besetzen, aber die unaufdringliche Art aller Darsteller l\u00e4sst dem Zuschauer den Raum, um sich den Problemen des Filmes so n\u00e4hern zu k\u00f6nnen, wie Akin diese zeichnet: unaufgeregt.<\/span><\/p>\n

\"fatih-akin-solino.jpg\"<\/a>Die Familien Amato wandert in den 60er Jahren nach Duisburg ins Ruhrgebiet aus. Der Ruf des deutschen Wirtschaftswunders und die Mangelnde Perspektive in ihrem italienischen Heimatort Solino ziehen vor allem den Vater Romano Amato nach Deutschland. Seine Frau Rosa und die beiden S\u00f6hne Gigi und Giancarlo sind skeptisch, wollen nicht weg aus der ihnen bekannten Umgebung, beugen sich aber dem Familienoberhaupt. Doch die Arbeit unter Tage im Kohleabbau ist Romano zu schmutzig, zu hart und so er\u00f6ffnet die Familie in ihrer Stra\u00dfe eine Pizzeria. Anfangs gedacht f\u00fcr all die jungen Italiener, die heimatliches Essen vermissen, entwickelt sich die Pizzeria blendend und zieht auch immer mehr Deutsche ins Lokal. Die S\u00f6hne wachsen auf, werden \u00e4lter und verlieben sich in das selbe M\u00e4dchen, ziehen mit ihr in eine Wohngemeinschaft, weil der Vater sie rausschmei\u00dft. Der Vater betr\u00fcgt die Mutter und die Mutter geht zur\u00fcck nach Italien. Die Mutter wird krank, Gigi, der mittlerweile mit der von beiden Br\u00fcdern geliebten Jo zusammen ist, geht zur\u00fcck nach Italien um seine Mutter zu pflegen. Gigi gewinnt daraufhin mit einem Film bei den Ruhrfestspielen, doch wird er von Giancarlo gelinkt, der auch einmal im Rampenlicht stehen m\u00f6chte. Gigi bleibt zun\u00e4chst verzweifelt in Italien und heiratet sp\u00e4ter dann seine Jugendliebe. Zur Hochzeit l\u00e4dt er Bruder und Vater ein. Der Vater kommt nicht, doch der Bruder stellt sich der Vergangenheit.<\/p>\n

Die Geschichte ist nicht sonderlich interessant, weswegen ich sie so kurz wie m\u00f6glich hier dargestellt habe. Interessanter sind die vielschichtigen Probleme, die dieser Film anspricht, ohne irgendwelche L\u00f6sungen anzubieten. Das ist das herrliche an Akins Filmen, er l\u00e4sst die Moralkeule immer beim Zuschauer, den er alleine l\u00e4sst mit dem Konflikt der Moral und der Menschlichkeit.<\/p>\n

Ich m\u00f6chte aus den vielen Problemen eines herausgreifen. Generationenkonflikte, Heimatlosigkeit und die ewige Konkurrenz der Geschwister lasse ich beiseite und verweise auf den Film, den ich euch ans Herz lege, auch wenn es ein Film ist, der Aufmerksamkeit fordert um ihn nicht langweilig zu finden.<\/p>\n

Das interessanteste Problem des Filmes habe ich zwischen den Sequenzen gesehen. Es ist ein aktuelles Problem und wird leider sicher noch sehr viele Jahre, Jahrzehnte, hoffentlich keine Jahrhunderte ein Problem darstellen. Es geht um Stereotypen und Vorurteile. Der Film ist auf den ersten Blick sehr vorurteilsbeladen und w\u00fcsste man nicht, dass Fatih Akin den Film gedreht hat, k\u00f6nnte man gerade in der ersten H\u00e4lfte des Films vermuten, dass hier jemand latent versucht mir als Zuschauer Vorurteile \u00fcber Italiener einzufl\u00fcstern. Der Film best\u00e4tigt so ziemlich jedes Klischee, das ich \u00fcber Italiener kenne, aber nicht in einer plump plakativen Art und Weise, so dass es direkt als die Aufmerksamkeit auf dieses Problem lenkender Plot verstanden wird. Die Vorurteile werden so beil\u00e4ufig bedient, dass es ungemein nat\u00fcrlich aussieht. Als sei es so, dass mindestens einer von vier Italienern klaut, der italienische Vater immer Macho und die M\u00fctter immer auf Sch\u00f6nheit und gute Kochk\u00fcnste reduziert w\u00fcrden. Als w\u00fcrden Konflikte von Italienern nur durch Gewalt gel\u00f6st. Ja selbst Gigi, der feinf\u00fchlige und diesem Klischee nicht ganz entsprechen wollende, wird immer wieder hineingezogen, mit einbezogen in die Welt des Vorurteils.<\/p>\n

Vorurteile werden nicht diskutiert in Solino, sie werden auch nicht als Konfliktsituation dargestellt. Sie werden gezeigt, wie sie sind: einfach da und schwer loszuwerden. Denn sp\u00e4testens als zum Ende des Films die vorurteilsbeladene Fassade br\u00f6ckelt, muss man sich als Zuschauer fragen, wie weit man denn die Stigamtisierung mitgegangen ist, wie weit man dies denn als wirklich angenommen, hingenommen und deshalb nicht weiter beachtet hat.<\/p>\n

Solino entlarvt uns. Vorurteile tragen wir alle mit uns herum und f\u00fcr die meisten haben wir „gute“ Begr\u00fcndungen.<\/p>\n

Schaut euch doch nur mal einen der ber\u00fchmten Mafiafilme an. Klischee \u00fcber Klischee wird von uns bejubelt als realistische Darstellung.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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