{"id":201,"date":"2007-02-19T12:31:43","date_gmt":"2007-02-19T12:31:43","guid":{"rendered":"http:\/\/www.onezblog.de\/?p=201"},"modified":"2007-02-19T12:31:43","modified_gmt":"2007-02-19T12:31:43","slug":"was-ist-gerechtigkeit","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/was-ist-gerechtigkeit\/","title":{"rendered":"Was ist Gerechtigkeit?"},"content":{"rendered":"
Der Philosoph John Rawls hat ein Buch \u00fcber diese Frage geschrieben und ich m\u00f6chte euch kurz die These schildern. Das mache ich so kurz und selbsterkl\u00e4rend, wie m\u00f6glich, denn ich denke diese Gedanken sind es wert von jedem Menschen mal geh\u00f6rt zu werden. Auch den, die sonst meine philosophischen Beitr\u00e4ge \u00fcberspringen, weil sie einfach zu lang sind. Also h\u00f6chstens eine Seite. Versprochen.<\/p>\n
John Rawls sucht in seinem Werk „Die Theorie der Gerechtigkeit“ nach den Bedingungen von Gerechtigkeit. Er geht also nicht von dem aus, was wir wahrnehmen, konkreten Handlungen oder konkreter Politik. Das ist deshalb wichtig, weil sich sein Gerechtigkeitsbegriff von dem normalen Begriff unterscheidet. Rawls denkt nicht, das Gerechtigkeit hier in der Welt zu realisieren ist. Es brauche Ungleichheit in Eigentum und Rechten um den Fortschritt zu garantieren.<\/p>\n
Das h\u00f6rt sich im ersten Moment ziemlich Ungerecht an, f\u00fcr unsere aufgekl\u00e4rten Ohren. Die St\u00e4rkeren sollen mehr Rechte und G\u00fcter haben? Das soll gerecht sein? Ist nicht Gerechtigkeit, was dem gerade entgegen l\u00e4uft und, ja, Gerechtigkeit auch f\u00fcr die Schwachen bringen soll?<\/p>\n
Rawls ist nicht Nietzsche und er will sicherlich keine Moral des St\u00e4rksten oder \u00e4hnliches, denn die Zeilen oben erinnern daran. Rawls geht nur davon aus, dass Unterschiede denn Menschen, die besser dabei weggekommen sind, nicht angelastet werden k\u00f6nnen, denn auch das w\u00e4re Ungerecht.<\/p>\n
Rawls geht vielmehr in eine Metaebene um zu kl\u00e4ren was Gerecht ist. Er stellt ein Gedankenexperiment an:<\/p>\n
Um zu kl\u00e4ren was Gerechtigkeit ist, m\u00fcssten wir uns in einen Zustand hineindenken, der vorjeden Statt und vor jedem Menschen auf Erden zu setzen ist. Zudem m\u00fcssen wir uns denken, dass wir nicht wissen werden, wie und wohin wir auf die Welt kommen werden. Wir sollen also nicht wissen, ob wir Stark oder Schwach, in Afrika oder in Sibirien geboren werde, arm oder reich.<\/p>\n
\nDenn erst dann k\u00f6nne man \u00fcber Gerechtigkeit sprechen, wenn man nicht wei\u00df in welcher Position man steht, bzw. stehen wird. Aus diesem „Schleier des Nichtwissens“ heraus werden die Grundlagen f\u00fcr ein gerechtes System erdacht, weil niemand zu sehr benachteiligt werden will, sollte er benachteiligt auf die Welt kommen. Jeder wird versuchen, Rechte und G\u00fcter nach Kriterien zu verteilen, die er wirklich f\u00fcr gerecht.<\/p>\n
Es geht also nicht darum, ob dieses System dann wirklich von den Menschen als Gerecht empfunden wird, von diesen, die in ihm Leben, denn sie sind befangen. Es geht vielmehr um einen freien Begriff von Gerechtigkeit, der nicht durch pers\u00f6nliche Interessen betr\u00fcbt wird.<\/p>\n
Ich halte mir dieses Gedankenexperiment immer vor Augen, wenn ich \u00fcber die Ungerechtigkeit losmotzen will, \u00fcber die Politik schimpfe. Das macht die Geschehnisse dieser Welt nicht besser, aber es h\u00e4lt mich ab, unqualifizierte \u00c4u\u00dferungen, die genauso pers\u00f6nlich befangen sind, wie die Entscheidungen der Politiker, von mir zu geben und auch noch zu glauben, ich h\u00e4tte ja Recht. Das hei\u00dft aber nicht, es gebe nichts zu kritisieren, es verschiebt nur ein wenig den Horizont.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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