{"id":1516,"date":"2007-05-22T10:29:00","date_gmt":"2007-05-22T10:29:00","guid":{"rendered":"http:\/\/www.onezblog.de\/?p=253"},"modified":"2007-05-22T10:29:00","modified_gmt":"2007-05-22T10:29:00","slug":"entindividualisierung-und-der-boese-kapitalismus","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/entindividualisierung-und-der-boese-kapitalismus\/","title":{"rendered":"Entindividualisierung und der \u201eböse\u201c Kapitalismus"},"content":{"rendered":"

Erster Teil des hier beschreibenen Dialogs<\/a>. Der Versuch zweier Blogger einen Beitrag zusammen zu verfassen. onezblog<\/a> und people in motion<\/a>. In Dialogform und \u00fcber beide Blogs verteilt. In vier Teilen. Wir hoffen es findet Anklang und es bei\u00dfen sich einige geneigte Leser durch alle vier Teile und diskutieren mit uns \u00fcber die Inhalte. Ein Experimet des politischen Diskurses.<\/em><\/p>\n

soeren onez:<\/strong>
\nMan h\u00f6rt und liest immer wieder von der fortschreitenden Individualisierung, aber ich frage mich wirklich, wie all die „Experten“ darauf kommen. Nur weil viel mehr Menschen alleine wohnen, hei\u00dft das doch noch lange nicht, sie seien auch individueller. Ich sehe in unserer Gesellschaft eher den entgegengesetzten Trend, weg von der Person, denn du bist dein Handy, dein Klingelton, deine Klamotten, dein Auto. Diese Aufz\u00e4hlung l\u00e4sst sich synchron zur Liste zivilisatorischer Errungenschaften erweitern. Paradox, dass genau dies als Indiz unseres gro\u00dfen Zeitalters der Selbstfindung betrachtet wird.<\/p>\n

people in motion:<\/strong>
\nMit dem Aspekt der Entindividualisierung in der modernen Gesellschaft sprichst du einen der fundamentalsten Einfl\u00fcsse des kapitalistischen Systems auf den Menschen an.<\/p>\n

Der Kapitalismus hat im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte – die Urspr\u00fcnge reichen nat\u00fcrlich weiter zur\u00fcck – unser gesellschaftliches und soziales Leben erobert und durchdrungen. Hierbei hat er dem Arbeiter die W\u00fcrde und das individuell sch\u00f6pferische genommen in dem er ihn ans Flie\u00dfband gestellt hat, wo er von nun an nur noch eine kleine unbedeutende Schraube des riesigen undurchschaubaren Komplexes ist.<\/p>\n

Gleichzeitig wurde die Bedeutung der materiellen Umst\u00e4nde stark \u00fcbersteigert, denn der Mensch ist nur was Wert, wenn der Kapitalmarkt ihn braucht. Mit einem Wertlosen will nat\u00fcrlich niemand was zu tun haben. Hast du was, bist du was. Stichwort Humankapital. Wie verh\u00e4lt sich wohl ein Mensch der unbedingt zeigen will das er nach diesen kapitalistischen Gesichtspunkten etwas zu bieten hat? Er arbeitet, konsumiert und wenn er zwischendurch merkt, dass trotzdem die Befriedigung fehlt, dann l\u00e4sst er sich unterhalten. Somit w\u00e4re Lebensstil und Wertempfinden stark entindividualisiert. Was den Grundsatz bildet. Aber damit nicht genug, denn um den Menschen f\u00fcr den Kapitalismus voll nutzbar zu machen, muss er am besten auch noch ein genormten Geschmack besitzen, damit der Verkaufsprozess auch blo\u00df reibungslos abl\u00e4uft. Da kommt dann die Medien- und Werbeindustrie ins Spiel. Sie manipuliert gezielt und verkauft ein Idealbild, das nicht realistisch ist. Denn f\u00fcr die, die es noch immer nicht verstanden haben: durch die neuesten Produkte wirst du nicht jung, sch\u00f6n und gl\u00fccklich!<\/p>\n

Also ich stimme dir voll und ganz zu. Unsere Vorstellung eines freien, unabh\u00e4ngigen und individuellen Lebens in der modernen Gesellschaft ist eine Illusion. Sicherlich muss man nicht darauf rein fallen, aber von fr\u00fcher Kindheit hinein gewachsen, ist es nicht jedem gegeben sich und die Gesellschaft sp\u00e4ter soweit zu hinterfragen. Umso schlimmer ist es, dass dieser Prozesse sich selbst unterst\u00fctzt, denn diesem modernen Einheits-Menschen wird es immer schwieriger, \u00fcber sein eigenes System zu reflektieren und am Ende regiert der Kapitalismus den Menschen.<\/p>\n

soeren onez:<\/strong>
\nIch muss dich in einem Punkt in Frage stellen: Ich bin mir nicht so sicher, ob das alles der \u201eb\u00f6se\u201c Kapitalismus bewerkstelligt, oder nicht doch eher der \u201edumme\u201c Mensch. Hat der Mensch nicht einfach das System, welches er auch verdient? Es ist doch die Frage nach dem Ei und dem Huhn. Wer war wohl zuerst da? Ohne Mensch kein System, allerdings ist Menschheit auch nicht ohne System zu denken. Doch wem verdankt das System seine Eigenschaften? Zumal es noch \u201eb\u00f6se\u201c genannt wird und doch eigentlich nur menschliche Handlungen als gut und b\u00f6se bewertet werden. Ist es nicht vielmehr eine Ausrede der verantwortlichen Menschen, dass System Kapitalismus \u201eb\u00f6se\u201c zu nennen? Verantwortlich sind wir dabei alle.<\/p>\n

people in motion:<\/strong>
\nZuerst einmal m\u00f6chte ich betonen, dass ich den Kapitalismus, die riesigen Firmen und Aktiengesellschaften sind Zeugen seiner Effektivit\u00e4t, niemals als „b\u00f6se“ bezeichnen w\u00fcrde, denn Zahlen haben nichts mit Moral zu tun. Allerdings untersp\u00fclt er die Grundlagen menschlichen Lebens, vom Staatenwesen und der Demokratie bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Nat\u00fcrlich sichert auch das kapitalistische System, wie alle vorigen Systeme, einer kleinen Schicht von Menschen unvorstellbare Macht und Reicht\u00fcmer, aber im Grunde sind auch sie nur Sklaven.<\/p>\n

Die Geschichte der Menschheit ist eine Entwicklung und ich glaube, dass unsere heutige Gesellschaft f\u00fcr ein derart liberales Wirtschaftssystem noch nicht reif ist, denn der Mensch will nicht begreifen, dass Wohlstand kein Gl\u00fcck bedeutet.<\/p>\n

Eine L\u00f6sung dieser Problematik kann also nur innerhalb jedes einzelnen Menschen gefunden werden, denn abgeschafft wird der Kapitalismus so schnell sicher nicht. Finden kann er sie nur in dem er nach wahrem Gl\u00fcck sucht. Was k\u00f6nnte also ein Staat f\u00fcr seine vom System versklavten B\u00fcrger tun, wenn er schon das System als solches nicht \u00e4ndern kann?<\/p>\n

Ein Staat muss eine ausgepr\u00e4gte Pers\u00f6nlichkeit und innere Festigkeit unterst\u00fctzen, die dem Menschen Ausgangspunkt ist um jenseits materieller Scheinwerte ein Gl\u00fcck in seinem Leben zu finden. Dieser \u201ereife Mensch\u201c kann nur \u00fcber Erziehung und Bildung erreicht werden. Er w\u00e4re nicht Opfer des Kapitalismus, da seine Werte au\u00dferhalb des Einflussbereichs der Regeln des Systems liegen.<\/p>\n

Wenn ich mich allerdings in unseren Schulen mit etwa 30 Sch\u00fclern pro Klasse umschaue oder den Stand famili\u00e4rer Bindungen in unserem Land beobachte, dann zweifle ich an der Welt, in der unsere Kinder gro\u00df werden m\u00fcssen. Ich glaube hier m\u00fcssen ganz klar die Priorit\u00e4ten unserer Politik \u00fcberdacht werden.<\/p>\n

soeren onez:<\/strong>
\nDu weist auf das Reifestadium der Menschheit hin und ich denke dort liegt wirklich das Problem. Sicher ist es einfacher die Globalisierung oder den Kapitalismus anzuschw\u00e4rzen, aber die eigentliche Verantwortung liegt doch eben bei den Menschen und nicht bei einem System. Ob ich dich da richtig verstanden habe werden wir n\u00e4chsten Dienstag, dem 29. Mai im zweiten Teil unserer Diskussion er\u00f6rtern. „Mensch oder System?“<\/em> wird auf
people in motion<\/a> erscheinen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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