{"id":1200,"date":"2010-07-11T18:53:42","date_gmt":"2010-07-11T17:53:42","guid":{"rendered":"http:\/\/www.raphael-raue.de\/?p=385"},"modified":"2015-12-15T06:41:55","modified_gmt":"2015-12-15T05:41:55","slug":"ueber-sinn-und-unsinn-des-hochschulmarketings","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/raue.it\/gesellschaft\/ueber-sinn-und-unsinn-des-hochschulmarketings\/","title":{"rendered":"\u00dcber Sinn und Unsinn des Hochschulmarketings"},"content":{"rendered":"

Die Zeit schreibt in einem ungewohnt unqualifizierten und nichtssagenden Artikel \u00fcber die \u00d6ffnung der Hochschulen: Elfenbeinh\u00fcfbur<\/a>g. Die Kernaussage steht schon in der ersten Zeile.<\/p>\n

Gut, wenn Unis sich \u00f6ffnen. Aber man kann\u2019s auch \u00fcbertreiben<\/p><\/blockquote>\n

So schlecht und kurz der Artikel auch ist, so l\u00e4sst er mich dennoch dar\u00fcber nachdenken, denn Hochschulmarketing ist ein komisches Ding. Denn irgendwie ist diese Firmenwerbementalit\u00e4t an den Universit\u00e4ten angekommen, ohne dass irgendjemand zu wissen scheint, warum man denn jetzt \u00fcberall positiv wahrgenommen werden m\u00f6chte. Es werden Flyer gedruckt, Programme zur Verbesserung der Webseiten ins Leben gerufen, Plakate gedruckt und an Gott und die Welt verschickt, es werden Forschungstage initiiert und zuk\u00fcnftige Studierende am besten schon im Kindergarten mit lustigen Experimenten auf ihre Hochschule eingeschworen. Und ich will gar nicht sagen, dass das alles Quatsch ist, aber es fehlt ein wesentlicher Teil der Conversation, um Mal im Werbesprech zu bleiben. Es fehlt die \u00dcberlegung, was man mit all den enthusiastischen Studenten machen soll, wenn man sie denn dann erfolgreich an \u00a0die Uni geworben hat.Denn es ist wahrlich keine Seltenheit, dass Erstsemester in vielen Studieng\u00e4ngen schlicht keine Seminarpl\u00e4tze bekommen, weil Lehrende verst\u00e4ndlicherweise nicht ein Seminar mit 150 Leuten im Hochsommer abhalten wollen in einem Raum, der Mal in fr\u00fcher Vorzeit f\u00fcr drei\u00dfig Teilnehmer angelegt war. So sieht sich mancher Fachbereich gezwungen die Teilnehmerlisten f\u00fcr das n\u00e4chste Semester schon vor Beendigung des jetzigen Semesters auszuh\u00e4ngen und wer da nicht drauf steht, kommt nicht rein. Eine Ank\u00fcndigung an den schwarzen Brettern fehlt ebenso wie im Web- und Studentenwerbeauftritt des Fachbereichs. Nur wer\u00a0exzellente\u00a0Kontakte zu Kontakten hat, erf\u00e4hrt \u00fcberhaupt von den Listen und darf studieren.<\/p>\n

Die Studenten klagen derweil \u00fcber ein formalisierteres Studium, das ihnen zwischen Pflichtmodulen und Tests kaum noch Freiheiten l\u00e4sst, der eigenen Neugier zu folgen.<\/p><\/blockquote>\n

Nun gut, k\u00f6nnte man sagen, eine sch\u00f6ne Schnitzeljagd, die Softskills vermittelt und die so wichtigen Kontakte gleich zu Beginn des Studiums f\u00f6rdert. Nur leider spielend a weder Baf\u00f6g-Amt noch Stipendien mit, die mit Regelstudienzeit die Studierenden zwingen ihre Softskills und sonstigen interessegeleiteten Ausw\u00fcchse bitte in die Freizeit zu verschieben. Die Hochschule wird nicht gezwungen. Und da genau stimmt es nicht.Die Realit\u00e4t und das Bild stimmen nicht \u00fcberein. Es wirb bisweilen f\u00fcr Masterstudieng\u00e4nge geworben, ohne das \u00fcberhaupt eine auch nur dem niedrigsten Menschenverstand gen\u00fcgende Studienordnung existiert. Werben um des Werbens Willen ist nicht nur rausgeschmissenes Geld, was besser in mehr Lehrauftr\u00e4ge und Mitarbeiterstellen investiert w\u00e4re, es zeigt vor allem die stumpf naive Weise, wie sich langsam das Verst\u00e4ndnis der Universit\u00e4t wandelt. Hin zu einem Dienstleister, der aber in allen Qualit\u00e4tsfragen so ungen\u00fcgend ausgestattet ist, dass das Wort Leistung im Dienstleister sich eher wie Hohn und Spott anh\u00f6rt.<\/p>\n

W\u00e4re da nicht die Diskrepanz zwischen dem zunehmenden Eventbrimborium und dem Alltag in Forschung und Lehre. Denn w\u00e4hrend drau\u00dfen die Schokokusswurfmaschinen auf Abiturienten zielen, um sie ins Disneyland der Wissenschaft zu locken, gr\u00fcbeln drinnen Professoren \u00fcber Drittmittelantr\u00e4gen und Gutachten und tr\u00e4umen h\u00f6chstens noch im Sekundenschlaf von der fr\u00f6hlichen Wissenschaft.<\/p><\/blockquote>\n

Ich finde es gut, wenn Lehrende in Schulen gehen und interessierten Sch\u00fclern verst\u00e4ndlich ihre Forschung und die Universit\u00e4t insgesamt n\u00e4her bringen. Ich finde es gut, wenn sich die Universit\u00e4t auch f\u00fcr wissenschaftsfernes Publikum \u00f6ffnet, ich finde es gut, wenn man auf den Internetseiten der Universit\u00e4ten gut und nutzerfreundlich informiert wird. Ich halte es aber f\u00fcr vollst\u00e4ndig verfehlt so zu tun, als seien alle an der Hochschule willkommen, um den dann euphorisierten Sch\u00fclern und sonstigen Interessierten dann in den ersten Semestern\u00a0unmissverst\u00e4ndlich\u00a0klar zu machen, dass Werbung und Wirklichkeit kontrastreicher nicht sein k\u00f6nnten.Die Hochschule braucht zun\u00e4chst entschieden bessere Strukturen und entschieden mehr Lehr- und Verwaltungspersonal, soll sie mehr Studierenden auch die Chance zum Abschluss geben k\u00f6nnen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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