Es ist schwierig im Internet etwas zu etablieren was nicht laut, bunt und schnell ist. Es ist schwierig aus so vielen unterschiedlichen Gr\u00fcnden, dass mir der Kopf raucht, wenn ich nur versuche daran zu denken. Die gern ins Feld gef\u00fchrte, resigniert wirkende Begr\u00fcndung des dummen, faulen und nach Sensationen sabbernden Internetnutzers, hilft jedenfalls nicht weiter, auch wenn sie einige, sicherlich richtige Allgemeinpl\u00e4tze bedient.<\/p>\n
Mittlerweile ist jeder im Netz. Nicht nur die Dummen. Und w\u00fcrde man Umfragen erstellen, bin ich mir sicher, dass die Panorama-Rubrik \u00fcber B-Promies, nackte Tatsachen, Babyb\u00e4uche und Peinlichkeiten im Dschungel des Rampenlichts auch von allen gelesen werden und die ungemein hohen Klickzahlen bei solchen Themen nicht dem biertrinkenden, nichtsnutzigen und vor allem dummen Prekariator angeh\u00e4ngt werden, der sich mit Links zitternd durch das Internet wichst.<\/p>\n
Eine Gesellschaft, die die Br\u00fcste von Pamela Anderson zum eigentlichen Thema ihres medialen Interesses macht, ist nicht oversexed, werteverlassen oder kurz vor ihrer Apokalypse, sondern ganz einfach gelangweilt und vergessen worden in der Flut von Informationen. Man sucht, was man kennt.<\/p>\n
Das Internet hat seine eigene Form der Informationsverarbeitung. Am Bildschirm liest es sich anders, als in der Zeitung. In der Anonymit\u00e4t wird das zu Konsumierende anders ausgew\u00e4hlt, als am Zeitungskiosk. Und selbst da interessiert sich kaum jemand f\u00fcr die Themen der Endlosrekursion. Man kann aus dieser Erkenntnis Kapital schlagen und vermehrt \u00fcber „spektakul\u00e4re“ Themen schreiben. Ich tue das auf einigen meiner digitalen Erzeugnisse. Hier wird dies nicht passieren, dar\u00fcber haben wir uns auf unserem Endlosrekursions-Treffen am Freitag verst\u00e4ndigt. Was bleibt, ist die Interpretation von Erfolg. Die Frage, wie viele Leser m\u00f6glich sind, ohne die Themen zu wechseln, ist grundlegend, um beurteilen zu k\u00f6nnen, ob man sogar an den potentiellen Leser vorbei schreibt und die Endlosrekursion ihrem Namen alle Ehre macht, indem sie sich in einem solipsistischen Kreisel um ihre eigene Achse dreht.<\/p>\n
Massen wollen wir nicht bewegen und sich auf den Einzelnen zur\u00fcckzuziehen, dem einen guten Text zu schenken sich immer lohnt, ist keine Ablehnung des medialen Hypes. Auch wenn dieser sich blo\u00df um blonde Bl\u00f6dchen dreht, die sowohl sich, ihr gelebtes Klischee, als auch den konsumistischen Massenwahn best\u00e4tigen, der gebetsm\u00fchlenartig wiederholend den Wechsel der Playmates jeden Monat vollzieht. Wir sollten aber auch nicht zum elit\u00e4ren Zirkel der sich selbst Aussuchenden verkommen, wenn der Grundanspruch bleibt, dem Leser etwas zu bieten: eine Analyse, einen Gedanken, ein St\u00fcck Selbst oder einfach einen guten Text. Und der wird vom Leser beurteilt, auch wenn dieser Fan von Tokio Hotel und Paris Hilton sein mag.<\/p>\n
Um deutlicher zu werden: Man kann es nie allen recht machen. Aber man kann es sich selbst recht machen. Daf\u00fcr muss man sich selbst fragen, was man will, egal ob sich unsere Kommunikation in Schallwellen oder einem langen bin\u00e4ren Gebilde ausdr\u00fcckt. Die Endlosrekursion ist vor allem ein Mittel des Ausdrucks und der Interaktion. Um in unserem Kommunikationsdrang auch jemanden anzusprechen, ist es nicht unwichtig, sich Gedanken zu machen: wen will man erreichen und wie kann man ihn erreichen. Am besten diskutiert man das wohl mit seinen Lesern, also denjenigen, die man bis jetzt angesprochen hat.<\/p>\n
Diese Debatte wird weniger um dem qualitativen Anspruch, als vielmehr um Vertrauen gehen. Blogs mit ihren RSS-Abonnenten sind die Lokalklitschen der digitalen Boh\u00e8me.<\/p>\n
Eine Frage zum Schluss: Was glaubt ihr, welches der beiden Fotos, eingebunden auf der Startseite, wohl h\u00f6here Klickzahlen erreicht? Und jetzt fragt euch noch, warum es genauso kokettierend w\u00e4re, das unspektakul\u00e4re Foto auf die Startseite zu hieven und was das damit zu tun hat, sich zu fragen zu m\u00fcssen, ob man noch seinen Anspruch verfolgt, wenn man \u00fcberhaupt einen hat. Der unbedachte Blogger w\u00e4hlt das Bild mit dem Dekollet\u00e9, der zu denken Vorgebende auch: Wo ist der Unterschied? (Bilder wegen unklarer Rechtslage entfernt, deshlab wirkt die abschlie\u00dfende Frage etwas sinnfrei.)<\/p>\n
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Das erste Bild ist von Simon Tarling<\/a>, das zweite von Jane Mejdahl<\/a> ver\u00f6ffentlicht. Beide stehen unter Creative Commons Lizenz<\/a>.<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Digitale Kommunikation ist schwieriger zu begreifen, weil wir so wenig \u00fcber das Internet wissen. Als Kommunikationsform ist es unserer verbalen Ausdruck und deren Motivationen nicht verschieden. <\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[6],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/109"}],"collection":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=109"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/109\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=109"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=109"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/raue.it\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=109"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}