Vollkomene Verständnislosigkeit stand mir und meinen Fachschaftskollegen heute ins Gesicht geschrieben, als es 20.15 war und zur Philosophie-Vollversammlung gerade mal 24 Leute gekommen waren, von gut 400 Studierenden der Philosophie. Das Thema war eines, was im letzten Jahr für unglaublich viel Entrüstung und Protest gesorgt hat: Studiengebühren.

Es scheint keine Sau zu interessieren. Ich bin wirklich enttäusch von meinen Kommilitonen. Egal welche Meinung man vertritt und ich bin nicht prinzipiell gegen die Einführung von Gebühren, aber man muss diese doch kundtun und nicht nur aus Spaß zu irgendwelchen Demos rennen.

Warum bitte war halb Frankfurt voll von Demonstranten, aber wenn dann die Demokratie ihre Arbeit machen will und wir abstimmen sollen, wie weiter vorgegangen wird in den uniinternen Gremien, macht keiner mit? Ich versteh das wirklich nicht. Ist es uncool abzustimmen, oder nur coll mit so einem scheiß Button rumzulaufen. Sind Demos vielleicht billiger als Kino und deshalb geht man hin? Vielleicht haben alle auch schon aufgegeben, mag sein, dass ich zu viel meiner Emotionen gerade investiere. Kann mir das vielleicht jemand erklären?

Voll praktizierte Politikverdrossenheit kann es ja wohl nicht sein. Aber wenn die Party wichtiger ist, oder schlafen, oder was weiß ich, dann kann ich mich doch nicht mehr guten Gewissens beschweren, oder seht ihr das nicht so? Ich meine solche Vollversammlungen sind sicher nicht nur zur Gewissensberuhigung da, aber man muss doch wenigstens das Gewissen befragen und die Möglichkeiten der demokratischen Teilnahme nutzen.

Ich könnte ja versthen, wenn jemand sagt, dass das doch eh alles nichts bringt. Ich geh ja auch nicht mehr zur Bundestagswahl. Aber es kommt keiner und somit kann mir auch keiner sagen, dass es nichts bringt. Sie wissen es doch einfach gar nicht.

Kinder, kann es vielleicht sein, das Platon in Bezug auf die Demokratie doch Recht hatte?

Kommentare

Als ich Deine Zeilen las, hatte ich sofort und quasi als erste Assoziation den Gedanken der Spassgesellschaft im Kopf. Ich weiss natürlich, dass es falsch ist und unfair wäre, wenn man sich schon nach einigen Sekunden Beschäftigung mit einem Thema eine Meinung gebildet hätte. Allgemein weiss ich gar nicht exakt, wie ich zu dem Thema Studiengebühren stehe, da ich aktuell wenig Kontakt zu Studenten habe. Ich hatte während meiner Studienzeit auch schon Studiengebühren. Das waren 200 DM/Semester, also nicht sooo viel wie die Gebühren heute. Dennoch ernte ich immer wieder erstaunte Blicke, dass es ‚damals schon sowas gab‘. Ich lebe in der Nähe von Damrstadt und habe dort im letzten Jahr einige Demos mitbekommen, auch manche Aktion in Frankfurt. Hmm, vielleicht hat die Leutchen wirklich eher der Gedanke an den gemeinsamen Spass auf die Strasse getrieben, zumindest war das evtl. bei manchen ein Antrieb. Bestimmt gibt es andererseits auch genügend wirklich engagierte Leute, die gegen solche Gebühren arbeiten.

Studiengebühren sind ein vielschichtiges Thema. Man könnte beginnen, sich darüber Gedanken zu machen, ob das Geld denn auch zweckgebunden eingesetzt wird und den Studenten so wenigstens wieder zugute kommt. Das müsste so sein und zwar müsste es so sein, dass die gesamten Einnahmen in die Hochschulen fliessen und nicht nur ein Teil. Es sollten Programme geschaffen werden für Leute, die nicht das Geld haben zum Studieren aber durchaus den Kopf dafür. Ach, da könnte man nun unentwegt weiterdenken und weiterschreiben. So gesehen wunderst Du Dich sicher zurecht, wo denn die ganzen Leuten hin sind, die man noch Monate vorher rebellieren sah. Andererseits denke ich, dass sich bei vielen Studierenden frustriert breit gemacht hat, sie wollen das Thema vielleicht einfach abhaken. Solche Phänomene sieht man leider auch abseits des Themas Studiengebühren und leider können sich dann immer besonders die freuen, die von solchen Veränderungen profitieren.

Enmal abgesehen, von Sinn und Zweck der Sudiengebühren.
Will ich einfach mal die These aufstellen, dass durch die "Entpolitisierung" der Gesellschaft. Auch den Studenten ein wenig der Mumm abhanden gekommen ist, sich zu wehren.
Es ist schade, dass gerade die zukünftige intelektuelle Elite nicht bereit ist für eine Verbesserung ihrer und schließlich auch anderer einzutreten.

Es wird einfach zuviel stumpf hingenommen.

Eine stichhaltige Antwort habe ich natürlich auch nicht. Das Mißverhältnis zwischen einmaliger ‚Begeisterung‘ (sichtbar in der breiten Demonstrationsbeteiligung) und tatsächlicher Mitarbeit/Engagement ist natürlich frappierend. Ich kann recht gut nachvollziehen, wie ernüchternd es ist, wenn man mit dem Desinteresse der eigenen Kommilitonen konfrontiert wird.
Ich habe allerdings den leisen Verdacht, daß eine Beteiligung der Mehrheit der Studierenden heute noch weniger denkbar ist, als noch vor 10-15 Jahren. Zu groß sind die Ansprüche, die von allen Seiten laut werden und ein zügiges, zielführendes Studium einfordern. Wer sich in Studivollversammlungen die Köpfe heiß quatscht, wird eher langsamer als schneller das Studium beenden. Und Scheine oder Credit-Points gibt es dafür vermutlich auch nicht. 😉
Zur Klarstellung: ich begrüsse diese Haltung ganz und gar nicht. Aber man muß sich wohl bewußt werden, daß auch zu Zeiten der 68er es nicht die gesamte Studentenschaft war, die aufbegehrte. Hier wird im Rückblick zuviel verklärt. Ich würde das heutige Desinteresse eher als Resignation und Fatalismus deuten – im Sinne von: egal, ob ich mich beteilige oder nicht – entschieden wird wo anders….
Dennoch gilt: mitmachen hilft! 😉