Fernweh ist nichts was mich überkommt und wieder im Alltag verschwindet. Es gehört zu mir wie mein Atmen, mein Fühlen und Denken. Es ist immer da, nie bin ich da wo ich schon sein möchte. Das kann räumlich wie gedanklich gefasst werden. Ein Gedanke der nicht zu Ende gedacht werden kann, ein Leben, das nie gelebt werden wird. Zeit ist die Begrenzung unseres Seins und mit ihm verschwinden in jeder Minute, in jeder Sekunde in jedem Augenblick unendlich viele Leben, die wir nie werden leben können.

Fernweh bricht nicht mit mir, lässt mich nicht aufbrechen, sondern ist immer meins. Es lässt mich den Blick heben nach langer Zeit des Werdens einer Idee. Ein Gedanke an dessen Faden ich mich festgebissen habe, eine Aufgabe deren Puzzlestücke ich mühsam zusammengefügt habe. Der Blick gesengt, demütig meinen meinen Vorhaben hingebracht, schau ich weder rechts noch links. Fernweh ist die Aufhebung des starren Tuns und zwingt mich schmerzhaft beglückend das Leben wieder neu werden zu lassen.

So ist das was ich bin, was ich lebe immer eine Talfahrt des Tuns und Orientierens. Immer zwischen Handeln und Denken, denkendem Handeln und ausgeführten Gedanken.

Die Momente wechseln, die Gedanken wechseln, selbst ich wechsele mich immer wieder aus. Die Lockung des Fernen, des Ungewissen bleibt und strengt mein leben soweit an, wie es nicht bricht. Denn es bricht nie, ich breche nur immer wieder von vorne auf. Weniger um Neugierde zu befriedigen, mehr um sich der Neugierde immer und immer wieder aufs neue zu vergewissern. Meine Neugierde lässt mich immer wieder in die unendlich vielen Leben hineinschnüffeln, doch ohne die Menschen, die Leben lebenswert machen, lebt es sich nicht einmal sekundensweise, es lebt sich nur still und kalt.

Fernweh und Liebe sind wie zwei Waagschalen die sich immer wieder ins Gewicht schmeißen und zusehen, dass ich mich bewege, denke, handle, liebe.

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Und immer wieder gerät das „Sich bewegende“ in Not, will es vom „Stehen bleibenden“ erschlagen werden, wie bei Kain und Abel.