Ich lese gerade ein Buch, das den Titel „Philosophen wie wir – Große Denker menschlich betrachtet“ trägt und mir einigen Spaß beim Lesen bereitet. Nigel Rodgers und Mel Thompson haben lustige, entsetzende, beschämende und profane Anekdoten berühmter Philosophen wie Heidegger, Rousseau und Sartre gesammelt. Sie betrachten das leben der Philosophen und ziehen Rückschlüsse auf deren Werk. Warum hat Nietzsche den Übermenschen erfunden und war er selbst einer. Warum hat Rousseau seine Kinder im Weisenhaus verrecken lassen, wo er doch Mitbegründer der modernen Pädagogik ist. Warum ist Schopenhauers Werk so pessimistisch. Solche und andere Fragen versuchen die Autoren zu klären und machen das auf eine witzige Art und Weise, die gut zu lesen ist. Ein wirklich gutes Buch um Abends im Bett noch eine halbe Stunde darin zu schmökern. Aber!
Mir gefällt die Grundintention des Buches nicht, oder ich verstehe sie falsch. Die Autoren ziehen immer wieder Parallelen von den Theorien der Philosophen und deren Leben. Diese Parallelen sind manchmal sehr nahe beieinander und manchmal so weit von einander entfernt. Doch genau diese Abstände werten die Autoren, was auch ihr gutes Recht ist. Doch gehen sie meist im Fazit einen Schritt zu weit, indem sie die Bedeutung der Werke nur in Bezug auf das Leben des Verfassers setzen. So habe Rousseau die Romantik begründet, weil er in so naturverliebter Mensch war und dadurch so viele Romantiker inspiriert. Das halte ich für falsch.
Rousseau wird sehr viel mehr Menschen inspiriert haben, als nur diejenigen, die seinen Ideen gefolgt sind. Er wird viel mehr Menschen zu kritischer Haltung, seinen Ideen gegenüber inspiriert haben. Denn seine Ideen sind etwas außer ihm, wenn auch nicht auf metaphysisch existierende Art und Weise, hängen diese Ideen nicht mehr mit der Person des Verfassers zusammen. Ob Rousseau den Gesellschaftsvertrag geschrieben hat oder Nietzsche den Zarathustra ist im philosophischen Sinne vollkommen gleichgültig. Wir betrachten die Werke, Ideen und Theorien, weil sie als Theorien einen Anspruch haben.
Theorie und Theoretiker kann und muss man trennen, will man in der Sache weiter kommen. Natürlich bestreite ich nicht, dass die Umwelt und Bedingungen eines Werkes dieses Beeinflussen, aber dann ist es unsere Aufgabe diese, heute vielleicht nicht mehr gültigen Argumente zu erkennen und von denen zu trennen, die gültig sind, egal ob sie Onkel Fritz, Oma Erna oder Platon geschrieben haben. Der theoretische Gehalt einer Theorie ist eben dieser, der nicht abhängig von Zeit und Ort ist. Deshalb befassen wir uns mit diesen Idee, weil sie mehr als Ausdruck ihrer zeit und Umstände sind.
Das allerdings vergessen die Autoren des Buches bisweilen, wenn sie über ihr Ziel hinausschießen, große Philosophen auch nur als Menschen wie du und ich darzustellen, was sie zweifelsohne waren.
Kommentare
damals, als ich noch bloggte, habe ich auf ein ähnliches hingewiesen:
http://the-sky-moves.blogspot.com/2007/03/vermengung.html
Und ich habe dir im Bezug auf Theorien immer zugestimmt
Geht nicht die „Philosophische Hintertreppe“ ähnlich an die verschiedenen Denker und dessen Theorien heran? Fand ich auf jeden Fall sehr angenehem zu lesen; gerade wenn man mal nur ne halbe Stunde Zeit hat oder so.
Ansonsten würde ich dir zustimmen, dass Theorien „als Theorie einen Anspruch haben“. Das hattest du auch an meinem kurzen Text zu Hobbes kritisiert. Trotzdem kann man im Sinne einer umfassenden Analyse eines Werkes auf keinen Fall die Person selber ignoreren. Gerade, wenn es um die Motivation für die Wahl des Beschäftigungsfeldes geht, findet man wichtige Anhaltspunkte, die dann beim Verständnis der Theorie weiterhelfen können.
Es gibt Denker und belletristische Authoren, dessen Antriebe verhältnismäßig leicht zu durchschauen sind, wenn man sich auch mit der Person auseinandersetzt. Andere sind deutlich schwerer zu verstehen und bei wiederum anderen ist Werk und Verfasser kaum mehr zu trennen.
Also insgesamt ein Analysegegenstand bei dem Vorsicht geboten ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass man als Author eines Buches wie “Philosophen wie wir – Große Denker menschlich betrachtet” für den Showeffekt ein wenig zu weit geht,was die Rückschlüsse auf die Therorie betrifft. Da ist dann die kritische Betrachtung des Lesers gefragt.
Die Philosophische Hintertreppe hat mir auch sehr gut gefallen aber auch eben deshalb, weil sie zwar das leben der vorgestellten Denker darstellt, dies aber getrennt vom Inhalt der Werke macht. Es kommen zar Sätze vor, dass irgendwer sich in dieser Phase befunden hat und dadurch das Woerk so beeinflusst hat. Das bestreite ich ja auch nicht, bzw. weise explizit darauf hin, dass natürlich Werke durch ihre Umwelt beeinflusst werden. Deshalb finde ich es auch wichtig für eine derartige Einführung das aufzuzeigen.
Was dieses Buch hier anders macht, ist die Bewertung des Werkes und des Menschen durch die Vermischung und zudem wird das Werk dann auch auf seine Bedeutung hin aus der psychologischen Sicht betrachtet. Das halte ich für falsch. Die Hintertreppe macht das anders, sie gibt entweder keinen Ausblick, oder beschreibt den theoretischen Einfluss auf die Nachwelt, zum Beispiel Humes Einfluss auf Kant, der theoretisch dargestellt wird und nicht menschlich, denn wiederum für Kants Werk ist es nicht wichtig, wie der mensch Hume auf Kant gewirkt haben mag, sondern wie er das Humsche Problem angegangen ist.
Deine muss eine andere Ausgabe der „philosophischen Hntertreppe sein as meine. In Bezug auf Kant hat er bei meiner nämlich vor allem über den perfekt geregelten Lebensrythmus und seine Freude an guten Diskussionsrunden geschrieben. Witzigstes Detail: Kant hat sich jeden Morgen ein Pfeiffchen geraucht, weil es dann auf dem Klo besser rutschte. Ich kann mich leider nicht mehr an die genaue Wortwahl des Autors erinnern.