Lügen wir, wenn wir von der Vergangenheit reden und phantasieren wir nur, wenn von der Zukunft reden? Ich stelle Fragen, an mich, meine Umwelt über die Vergangenheit und über die Zukunft. Frage ich mich, wie war früher, bekomme ich von Jahr zu Jahr andere Antworten. Nicht nur anders bewertet, mal schön, mal schrecklich. Auch, aber nicht so drastisch. Das Grundgerüst der Vergangenheit baut sich jedes mal ganz anders auf. Manchmal fehlt ein Stück, das beim letzten Fragen noch da gewesen ist, aber andere Fragmente tauchen auf. Nie ist die Vergangenheit wahr oder auch nur greifbar. Dabei habe ich sie doch erlebt.
Frage ich mich über die Zukunft, bleibt sie immer was sie schon ewig war. Ein Himmel voller Möglichkeiten. Ich habe immer noch die selben Ziele, träume immer noch den selben Traum von einem Morgen, jeden Tag aufs neue. Obwohl es sie noch gar nicht gibt, diese Zukunft kenne ich sie schon, habe sie schon etliche male gelebt. In meinen Gedanken und in meinen Schriften. Habe sie in der Musik gefunden und bei Freunden. Ich kenne meine Zukunft besser als meine Vergangenheit.
Wenn du einen Menschen kennen lernen möchtest, frag ihn nicht, was er getan hat, frag ihn was er noch vor hat.
So paradox es auch klingen mag, aber es ist wirklich so, dass du gefragt nach der Vergangenheit, ein jedes Mal, wenn du gefragt wirst eine bisschen andere Geschichte erzählst. Aber nicht, weil wir das Vergangene absichtlich schöner, größer reden wollen, das mag auch sein, aber ich rede nicht über Lügner, sondern das sich selbst nicht kennende Ich. Wir machen uns was vor, wenn wir meinen selbst auch nur unsere Vergangenheit adäquat darstellen zu können.
Das soll jetzt kein erkenntnistheoretische Zweifel an der Wirklichkeit sein, auch will ich Vergangenheit und Zukunft auch nicht als harte Entität, sozusagen als Klotz im Universum verstanden wissen. Ich mache mir nur meine Gedanken.