Kommentare zu: Haben oder Sein? https://raue.it/gesellschaft/haben-oder-sein/ Fri, 11 Dec 2015 15:26:49 +0000 hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.6.14 Von: raphael https://raue.it/gesellschaft/haben-oder-sein/#comment-2661 Mon, 23 Apr 2012 15:20:18 +0000 http://www.onezblog.de/?p=1298#comment-2661 Ich muss zugeben, dass ich deine Kritik nicht ganz verstehe bzw. dein Hintergrundwissen nicht habe. Du schreibst, die Auswirkungen von Konsum- und Kaufverhalten wirken sich auf die Sphäre der Produktion aus und das ließe sich empirisch zeigen. Ich kenne zwar einige der von dir angeführten Geschichtchen, aber nicht eine und schon gar nicht die Summe derer haben mich überzeugt, dass hier eine wirkliche Beschäftigung mit dem Problem, was ich angesprochen habe, stattgefunden hat.

Das Problem ist doch, dass wir keine Theorie oder Praxis haben um die Auswirkungen und Einwirkungen sowie die wechselseitigen Bestimmungen von Handlungen und Systemen zu beschreiben oder auch nur zu Denken. Jedenfalls nicht in der Philosophie, aber vielleicht fehlt mir, wie gesagt, da das Hintergrundwissen. Nur weil eine Umstellung zu einem Ergebnis führt, heißt das in solchen komplexen Zusammenhängen doch nicht, dass die Auswirkung auch Wirkung der Umstellung sind, oder? Diese tradierte Vorstellung aber, dass viele Einzelhandlungen, zumal die abgestimmten Einzelhandlungen der Mehrheit oder einer qualifizierten Summe zu Veränderungen führt, ist zwar weiter verbreitet als irgendein anderer Glaube auf diesem Planeten, aber Argumente dafür kenne ich nicht.

Durch Handlungen verändert sich zwar etwas „in der Welt“, aber was, ist meines Wissens nach, in komplexen Zusammenhängen immer ungewiss. Ansonsten könnte man den Begriff der Handlung ja auch abschaffen und ihn durch den Begriff der Kalkulation ersetzen, die Funktion entscheidet dann ob eine Handlung erfolgreich ausgeführt wurde oder nicht. Wenn das möglich wäre, dann würde ich dir zustimmen und es wäre möglich Veränderungen herbeizuführen und durch Konsum in deinem Sinne etwas zu Verbessern. Aber solange nicht sicher gestellt ist, dass die Veränderungen nicht systemische Veränderungen herbeiführen bewegt man sich innerhalb des Systems, was sich zwar anpasst, aber nicht verändert. So scheint es mir beim Fair-Trade-Kaffee zu sein. Die großen Firmen bieten den mittlerweile auch an. Deshalb gibt es schon neue Labels. Erst kam noch Bio hinzu, dann wurde er als zapatistisch verkauft. Was kommt als nächstes? Es bleibt im System, weil das System eben wandlungsfähiger ist, als man denkt und sich von ein paar Einzelhandlungen sicher nicht die Institutionen versauen lässt.

Wo aber kann man ansetzen, um hier Veränderungen herbeizuführen, die dann auch besser sind?Das ist doch die Frage, alles andere scheint mir nur ein Alibi zu sein, sich nicht zu schlecht zu fühlen, weil wir eben einen weiteren Glaubensgrundsatz haben, ob links oder rechts: es gibt kein richtiges Leben im Falschen.

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Von: Nina https://raue.it/gesellschaft/haben-oder-sein/#comment-2660 Mon, 23 Apr 2012 13:35:12 +0000 http://www.onezblog.de/?p=1298#comment-2660 Ich verstehe Deine Kritik am „Gutmenschentum“ der sich über Konsum definiert. Der ist ja sehr en vogue, es ist ja auch sehr leicht den modernen Kapitalismus zu kritisieren wenn man einfach über seine konkreten Erscheinungsformen in Form von Produkten, nur über die kleinen Ereignisse und Dinge moniert ohne überhaupt nach dem System zu Fragen in dem sie entstehen und ohne, wie Du richtig anmerkst zu sehen, dass man immer konsumiert und distingiert (und das macht man auch wenn man bewusst nicht konsumiert, also kein ipad hat und kein Auto fährt oder sich für den Kaffee von Gepa und die Nudeln von Alnatura entscheidet). Doch damit sind wir schon beim zentralen Punkt: Du willst Konsumkritik kritisieren, schreibst aber eigentlich über Kaufentscheidungen. Kaufen und Konsumieren, das ist nicht das gleiche. Der Begriff des Konsums beinhaltet den gesamten Prozess eines Artefakts, von der Ware bis zum Gebrauchsgegenstand, es geht dabei auch um die Art und Weise wie ich mir eine Ware aneigne, sie nutze und sie sogar entsorge. Und Deine Annahme, dass Konsum- und Kaufverhalten sich nicht auf die Sphäre der Produktion und des Vertriebs von Waren auswirkt ist empirisch schlichtweg falsch. Das zeigt der Wandel des Handels einer postfordistischen Konsumkultur im Großen und viele Beispiele aus der Konsumgeschichte im kleinen – Angefangen beim Telefon, ursprünglich ein Büroapparat, bis zur unterschiedlichen Durchsetzung von Benzin oder Diesel als Kraftstoff in verschiedenen Ländern. Man kann hier unendlich viele Geschichten erzählen die Deine Behauptung widerlegen. Warum soll sich Konsum- und Kaufverhalten also nicht auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit auswirken? Fairtrade Kaffee macht mich bestimmt nicht zum besseren Menschen, aber die Leute die sich dafür engagaieren, dass soziale und ökologische Probleme die mit konventioneller Kaffeeproduktion in Verbindung stehen stehen überhaupt wahrgenommen werden schon. Und als Konsumtin kann ich entscheiden wie ich mein Mobiltelefon nutze, und wie lange und wofür.

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