Ich habe mich bis jetzt zurückgehalten über den G8-Gipfel zu schreiben und das mit gutem Grund. Zu viel Propaganda von beiden Seiten zu einem Treffen, was seit jeher nur Marketingcharakter hatte. Viele Versprechungen und keinerlei Folgen. Die G8-Mitgliedländern treffen sich um medienwirksam Hilfe für die 3. Welt und alle Bedürftigen zu propagieren, nur um kurz darauf weiterzumachen wie bisher. Eine Clownshow, die eigentlich keinerlei Beachtung verdient hätte. Ein Propagandamittel, das wir bewusst ignorieren sollten. Aber das tun wir nicht.

Es gibt sicherlich gute Gründe es nicht zu tun, Flagge zu zeigen und alternative Ideen vorzustellen, dem Blödsinn der G8 entgegenzustellen. Es gibt meiner Meinung nach aber bessere Gründe dies nicht nur einmal im Jahr zu machen. Der „Weltwirtschaftsgipfel“ bietet einige Chancen, aber noch viel mehr Gefahren für Gegenmodelle und ich verstehe nicht wirklich warum das nicht gesehen wird.

Rostock versinkt schon jetzt in der Gewalt obwohl der Großteil der Demonstranten friedlich ihre Meinung kundgetan hat. Die Zeitungen werden dennoch voll von Vermummten und brennenden Autos sein. Gewalt ist nunmal der bessere Aufmacher und das wird sich auch nicht ändern, zumindest nicht ohne Pressezensur. Aber das ist bekannt. Nichts Neues. und doch ziehen jedes Jahr wieder Hundertausende gegen das G8-Treffen. Zu Recht.

Was dabei aber vergessen wird, auch diese Demonstrationen sind ein medienwirksames Mittel was bewusst gewählt wird zur medienwirksamsten Zeit. Vieles was die Veranstalter versprechen ist genauso viel Wert, wie die Versprechen der G8-Regierungschefs. Das sollte jedem nachdenkendem Menschen klar sein, zumal die neu vereinte Linke so unterschiedliche Ziele hat, wie politisch nur möglich. Aber der gemeinsame Feind bringt sie zusammen. Aber das ist eben auch nur der kleinste gemeinsame Nenner. Ein Kompromiss, der nichts anderes ist, als die Kompromisse, die in Heiligendamm „erzielt“ werden.

Wenn ich ein Ei aus dem Fenster schmeiße, nehme ich nicht an, dass es heile bleibt. Aber wenn tausende wütender Jugendlicher sich auf einer Demonstration treffen, dann nehme ich an, dass es friedlich bleibt? Nein, natürlich nicht. Aber es wird nicht behandelt. Zu groß ist die Chance seine Plakate in die Kameras der Welt zu halten. Zudem zeigt sich ja dadurch noch mehr, wie schlimm das Regime „BRD“ ist. Weil ja nur die Polizisten provozieren.

Denkt bloß nicht ich heiße gut, was Schäuble sich da ausgedacht hat, oder will gar die armen Polizisten in Schutz nehmen, gar sogar die Regierungschefs, die sich nicht einmal in dem schönen Seeheilort Heiligendamm sicher vor Terroristen fühlen dürfen. Aber bleiben wir doch mal bei uns und schauen uns unsere Fehler an. Das sollte immer der Anfang sein, bevor man dann den Finger hebt.

Was wollen die Demonstranten überhaupt in Heiligendamm? Ist es nicht egal, wo man demonstriert? Warum die symbolträchtigen Orte wählen? Warum selbst Propaganda angedeihen lassen, wirft man das dem Gegner doch schon vor? Warum polarisieren, wenn doch der Diskurs der eigentliche Rahmen sein muss um Ergebnisse zu erzielen. Warum denn die selben Fehler der Mächtigen machen?

Heiligendamm ist eine Bühne für G8 und ihre Gegner, gleichermaßen und ich ekele mich vor beidem, gleichermaßen. Nicht weil sich die Regierungschefs nicht treffen sollten, oder gar weil Gegner der Globalisierung nicht demonstrieren sollten, sondern ob dieses schlechten Geschmacks der Gleichheit in Mittel und Methode.

Auch wenn ich hier ganz bösartig pauschalisiert habe, muss sich jeder Teilnehmer hüben wie drüben darüber im klaren sein, dass er Teil eines riesig inszenierten Theaterstücks ist und in diesem die Rollen des Bösen schon bei der Probe vergeben wird. Man kann das für falsch halten und so sind Theaterstücke eben auch oft, eindimensional, aber wenn man mitspielt, dann kann man nicht gleichzeitig die Regeln kritisieren. Oder wenn doch, dann läuft man eben Gefahr, nicht ernst genommen zu werden.

Ich weiß, das dieser Artikel viel zu oberflächlich das Problem ankratzt und ich mir den Zorn sowohl der Kritiker, wie Befürworter der Globalisierung, einhandele, aber wenn ich diese randalierenden Vollspaten sehen denke ich mir automatisch, dass etwas an der Form des Protestes falsch sein muss. Und ich halte Protest für so wichtig, denn er ist eine Form der Kritik, aber diese Handelt nicht mit den Fäusten, sondern mit dem Kopf. Und es tut mir Leid für all diejenigen, die sich am friedlichen Protest teilnehmen wollen. Aber rohe Eier gehen eben kaputt, wenn man sie aus dem Fenster schmeißt.

Nachtrag: Wie die Medien mit diesem Spektakel umgehen, kann man beim Spiegelfechter lesen. Ungeheuerlich, aber sagt mir nicht, das wäre in den letzten Jahren anders gewesen und träfe euch jetzt unvorbereitet und deshalb in der demokratischen Magengrube .

Nachtrag 2: Ich wollte eigentlich jetzt ein paar gegenteilige Berichte hier verlinken aber es sind schon zu viele geworden. Die Propagandaschlacht hat begonnen, schaut euch einfach auf den vielen politischen Blogs und auf den bekannten Onlinemedien um, da werdet ihr so viel Unterschiedliches lesen, dass ihr nichts mehr glauben werdet. Es passiert genau das was ich oben geschrieben habe, denn ab jetzt geht es nicht mehr um Inhaltliches, sondern nur noch darum, wer angefangen hat und Schuld ist an der Gewalt. Dadurch bekommen die Schäubles dieser Welt nur noch mehr Begründungsmaterial und die „Linken“ einen noch größeren Hass auf den Staat. Nur-die-anderen-Argumente werden ausgepackt, der Verstand wendet sich betrübt ab. Man kann schon jetzt festhalten, die Verlierer sind die, die wirklich etwas zu sagen hätten. Der Verlierer ist wie immer das Argument.

Kommentare

Randale bringt nix!…

Was soll das? Meint Ihr, mit steinigen Argumenten die Meinungen der anderen ändern zu können?

Himmel sakra, denkt doch einfach mal nach! Und wenn Ihr das tut, dann werden Euch ganz neue Ideen kommen. So aber, liebe randalierende G-8-Gegner, spielt…

Was ich vermisse an deinem Artikel, ist die Alternative zu „Mittel und Methode“ derer sich auch G8-Gegner bedienen. Ich denke Du siehst das etwas zu einfach wenn Du fragst: „Warum die symbolträchtigen Orte wählen?“ und eben den Sinn der Wahl dieser quasi verneinst.
Symbole haben eine große Anziehungskraft,.Viele Menschen benötigen sie zur Orientierung.
Und es ist ganz sicher leichter dort einen Effekt zu erzielen, wo die Symbolkraft am stärksten ist.
Die einzige Chance diese für mich gültige Wahrheit außer Kraft zu setzen, ist für mich übrigens das Internet, mit seiner Möglichkeit überall und jederzeit zu sein.
Noch gehört dieses übrigens den Bürgern 😉
Sehr gut, wie überhaupt vieles an deinem Artikel finde ich, dass Du Scharlatane hüben wie drüben benennst.
Auch die Erkenntnis (so banal es vielleicht auch klingt), dass viele wütende Jugendliche auf einen Haufen auch Gewalt auslösen werden, muß ausgesprochen werden. Und damit geht es mir nicht um die Schuldfrage. Oder glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass die eine oder die andere Seite alle Schuld auf sich geladen hat ?
Das Dich sowohl G8 und Konsorten als auch die Gegner und Kritiker anekeln, denke ich hast Du aus dem Affekt geschrieben. Das gefiel mir nämlich nicht.
Ansonsten hoffe ich, dass Du dich demnächst (Karneval gibts ja auch schon) noch etwas mehr ins politische Treiben einmischst.
Dat machste nämlich jut.

Aber das ist doch das Problem, dass die Alternative seit Menschheitsgedenken vorhanden ist und niemand sie erfinden oder vorstellen müsste. Diskurs, Diskussion und argumentgestützte Auseinandersetzung git es seit tausenden von Jahren. Dennoch gewinnt immer wieder die Gewalt, die Macht, der Unverstand. Weil er als wirkungsvoller angesehen wird. Aber das stimmt nicht!

Denn Gewalt wird wieder nur ein System erschaffen, was auf ihr gegründet ist und somit ein Machtverhältnis haben muss, dass sicher nicht legitim sein wird. So ist das und deshalb gilt der Spruch einfach nicht, dass die die richtigen Ideen haben aber die falschen Mittel. Die Ideen können auch nicht ganz richtig und durchdacht sein, wenn Gewalt als Mittel darin vorkommt. Punkt.

Deshalb würde ich das ekeln auch nicht nur als Affekthandlung meinerseits ausdrücken, meine ich es doch noch genauso mit einer Nacht drübernachdenken. Ich meine aber natürlich nicht jeden, der zur Demo fährt, bewahre. Aber man muss sich schon grundsätzlich Gedanken machen, wie man sich von diesen Idioten distanziert und da reicht es meiner Meinung nach eben nicht mehr, vor der Demo zu sagen, wir hoffen es wird friedlich und fordern alle auf sich nicht von der Polizei provozieren zu lassen, um dann nach der Demo entsetzt zu sein, wie viel Wut und Hass sich schon wieder entzündet hat.

Es muss ein grundsätzlich anderer Weg gegangen werden und die Demokratie ist sicherlich nicht das schlimmste System in dem man unbedingt sofort Widerstand leiste muss, um die Freiheit zu wahren und ein Regime zu stürzen. Die Demokratie, mit ihren vielen Fehlern und Arschgeigen ind er Regierung, bietet den bestmöglichen Platz um über neue Systeme nachzudenekne, Argumente und Gründe abzuwiegen und die niederen Mittel zur Seite zu legen. Das das nicht in der tagesaktuellen Politik geschieht ist traurig aber muss uns nicht gleich vermummt und mit dem Stein in der Hand beim G8-Treffen stehen lassen.

Das ich gerade so ausfällig werde, leigt allerdings wirklich am Affekt, diese Bilder von jugendlichen, die Bürgerkrieg spielen, lassen mich an der Vernuft des Menschen überhaupt zweifeln und machen mich verzeifelt und hoffnungslos. Wohin soll das denn bitte führen?

Naja, bevor ich jetzt Dinge schreibe, die ich wiklich nicht mehr Morgen so sagen würde, ende ich hier und verweise auf meinen Beitrag zum Karneval, der zumindest abstrakt in diese Richtung gehen wird. Ich muss die Wut nur aus mir rausbekommen, sonst kann ich den Artikel nicht schreiben. Denn wer ist schon gefeilt vor dieser ohnmächtigen Wut, die solche Bilder in uns hervorrufen. Aber wir sind dehalb freiheitliche Wesen, weil wir uns ihrer entledigen können und wieder auf das Argument zurückgreifen können.

Die Zeilen waren jetzt nicht alle an dich gerichtet, aber es musste mal raus, ich hab von dem Scheiß sogar heute Nacht geträumt.

Unbedingt lesenswerter und bedenkenswerter Artikel!
Es ist ja nicht so, daß man eine solche Eskalation und damit Aufmerksamkeitsverlagerung auf die gewaltätigen Proteste nicht hätte erwarten konnte. Aber dennoch immer wieder interessant, immer wieder frustrierend, wenn man feststellt, nach welchen „Regeln“ sich öffentliche Debatten an solchen Events „entzünden“… und die Legitimität des Protests, dessen plausible Argumente, treten in den Hintergrund, die kritischen Aktivisten, werden mit den Krawallskis in einen Topf geworfen und so weiter… naja, und wenn auf der anderen Seite, die „Bösen“ stehen, tut man sich (wie du richtig anmekrst) auch keinen Gefallen…
Naja, bleibt abzuwarten, bis wieder die Argumente ausgetauscht werden können…