Um hier eine neue Serie einzuführen, der ich gerne den Namen postmoderne Fragmente geben möchte, bietet sich nichts besser an, als der wohl tiefste Dialog eines Genres, das nur die Postmoderne in diesem Maße befördern konnte: dem Porno. Wurde der Welt zwar schon mit den Tagebüchern des Marqui de Sade die Richtuing ihres Werdens gezeigt, so ist doch der Geist im Alltag, die Dialektik im Profanen neu und diese Tiefe aufzuzeigen den postmodernen Fragmenten vorbehalten. Diesmal gehen wir der Frage „Warum liegt hier überhaupt Stroh“ nach:

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Wer meint, hier ginge es um den Sex und somit die Konstruktion des Menschen in seinem Streben nach mehr als reiner Rekonstruktion seiner DNA, der sieht sich getäuscht, ist doch dieser Dialog die Entbergung des Willen zum Selbst durch die entgültige Dekonstruktion der kausal-vergeistigten Wirklichkeit.

Kommentare

„Die Entbergung des Willen zum Selbst durch die entgültige Dekonstruktion der kausal-vergeistigten Wirklichkeit.“

Aha! Mit Philosophie-Jargon kann man eben aus dem letzten Schrott noch was Dolles machen Und wenn man so einen Satz nicht am gegebenen Beispiel erläutert, erfährt Surfer xyz nicht mehr, als dass der Autor hübsch philosophisch talken kann.

Ja, du hast Recht und doch sagt dieses Vokabel-aneinanderreihen zusammen mit dem Dialog in dem Porno mehr aus als die Bestätigung meines Wissens um diese Wörter, der „Experte“ allerdings wird mir zunächst das Wissen um die Begriffe absprechen müssen. Du bist ja auch schon nahe dran wenn du sagst dass ich „aus dem letzten Schrott noch etwas Dolles machen“ wollte. Radikalisiere doch mal diese Aussage und übertrage sie auf den dargestellten Dialog und die dahinterstehende Idee, Institution und den Markt, den dies anspricht. Dann wirst du sehen, dass dieser Dialog einen Bruch von Gesellschaft in Gesellschaft aufzeigt. Es bleibt vieles von dem kausal-naturwissenschaftlichen Denken übrig, obwohl es doch den Trieb ansprechen soll. So wird beides ad absurdum geführt und dies wird nur hier ganz eindeutig, kann aber für das Genre „Porno“ ebenso gelten, wie für den romantisch verspielten Hollywoodfilm, der den selben Bruch nicht auflösen kann und so viel mehr auflöst als nur seine eigene Ernsthaftigkeit: nämlich die Dekonstruktion einer Wirklichkeit, der wir immer noch anhängen, obwohl sie sich schon lange auflöst. So kausal-geistig, wie wir uns ein Jahrhundert die Welt eingeredet haben, sind weder wir, noch die an uns anschließende Welt.

Bleibt nurnoch zu klären, was hier entborgen werden soll, kann oder wird. Und das ist der Bruch in meinem Text, der dazugehören muss, will ich ernsthaft etwas über den Bruch sagen. Diese Vokabel ist zunächst falsch gewählt. Hier müsste Aufdeckung, Aufweisung oder ähnliches stehen. Damit würde ich aber der oben kritisierten Sprache ihren Vorzug geben und mich wieder innerhalb des Dialogs befinden, der nicht ist, weil er nicht sein darf. Die Frage, die wir uns doch aufgrund der Postmoderne leben ist doch die nach dem Sinn vom Sein. Der Sinn, ebenso das Sein, kann sich uns aber nur entbergen. Wie viel Sinn wir aber in unsere kausal-vergeistigte Welt hineinlegen, ohne dass uns irgendwas entborgen wurde, wollte ich aufzeigen, das ist der Bruch, wegen dem ich selbst einen Bruch herbeiführen musste.

Ich hoffe, dass es jetzt nicht noch komplizierter geworden ist, aber ein jedigliches philosophisches Aufblasen meiner Person soll diese Serie nicht werden, sondern ein Versuch, all die Komik, die uns im Netz jeden Tag begegnen vielleicht ein wenig fruchtbarer zu machen und der Komik etwas mehr Substanz zu entreißen. Denn so lustig dieser Pornodialog ist, so symptomatisch ist er auch für die ganze Filmindustrie, nicht nur die horizontale.

So kann für den einen diese Serie als Spaß zwischendurch gelten, für einen anderen aber der Bruch zur Lücke führen, das aber habe ich nicht in der Hand. Mann kann es aber auch für völlig bekloppt halten, aus den selben Gründen. Mal sehen, ob diese Serie aufgenommen wird.

Auch mich irritiert deine Sprache. Erstens weil du mit ihr ungründlich bist und dein Punkt dadurch etwas uninteressant oder gar leer vorkommt. Es nervt mich, wenn philosophische Aussagen rätselhaft präsentiert werden, wo sie doch eigentlich dafür da sind, Klarheit zu erschaffen. Weil Klarheit höchst kompliziert ist, wird eine Sprache, die Klarheit erschaffen will, schwierig sein. Aber nur deshalb weil sie dadurch gründlicher und präziser sein kann. Klarheit ist eben schwierig. Zweitens irritiert mich deine Sprache, weil ich den Verdacht einer Begriffsinflation habe, wenn ich sie lese. Es mag an meinem Unverständnis liegen, aber was genau ist die Funktion des Bruches in diesem Text? Wenn man überall Brüche sieht, fragt sich eben, ob man mit dem Begriff des Bruches eine Erkenntnis gewonnen hat. Erstens gibt es (angeblich) den Bruch von Gesellschaft in Gesellschaft, den der Dialog (angeblich) aufzeigt. Dann gibt es denselben Bruch in dem Hollywoodfilm. Außerdem gibt es den Bruch in deinem eigenen Text (allerdings) und auch noch den Bruch, der irgendetwas mit dem Nebensatz „wie viel Sinn wir in unsere kausal-vergeistigte Welt hineinlegen, ohne dass uns irgendwas entborgen wurde“ zu tun hat (aber was?), der angeblich wiederum für den Bruch in deinem text verantwortlich ist. Drittens irritiert mich deine Sprache, weil du so unvorsichtig vom „Sinn vom Sein“ und „Willen zum Selbst“ redest – Begriffe, die ich für unflexibel und problematisch halte und die man niemals lässig und unbesprochen stehen lassen sollte. Als Konsequenz dieser drei Punkte kommt der vierte Punkt hinzu, dessen Irritation darin besteht, dass du, trotz sprachlicher Ungründlichkeit, Inflation und Unvorsicht, so frech bist so etwas wie „Bleibt nurnoch zu klären…“ zu schreiben – wie unanständig!
Wie du weißt, bin ich auch für Raubinterpretation (Interpretationen, denen es sinnvollerweise egal ist, was jemand mit seinem Text/Film/Ficken sagen wollte und die deshalb den Text rauben (statt ihn respektvoll zu interpretieren) um diesen interessant zu machen und zu betrachten, was derjenige tatsächlich sagt und wie dies wirkt (und nicht was er sagen wollte)). Die Komik im Internetz ernst zu nehmen, finde ich eine großartige Idee, aber eben Raubinterpretationen müssen in ihren Konzepten klar sein, sonst wirken wie völlig überflüssig, weil die Idee, die sie trägt unklar bleibt und die Vorstellung von der Erkenntnis einer Intention eben nicht da ist um das Unternehmen sonst wie zu rechtfertigen.
Das Fragment ist gut ausgewählt finde ich. Der Dialog ist tatsächlich interessant, hauptsächlich, weil er einen Bruch (!) mit dem gewöhnlichen Pornodialog darstellt. Ich sehe in diesem Bruch vorwiegend eine Ironisierung über den Pornodialog. Solche Ironisierungen sind manchmal gelungen, oft aber deshalb problematisch, weil sie etwas rechtfertigen sollen. In Werbungen sieht man auch ab und zu eine Ironisierung der eigenen Werbung oder der Werbung überhaupt, was aber dann dazu dient die Werbung doch zu rechtfertigen: Werbung ist lächerlich, aber guck, wir sind selbstironisch, deshalb können wir trotzdem werben. Scream 4 (oder so) ist auch selbstironisch aber dennoch nur gemacht um noch ein paar Dollars aus der Erfolgsgeschichte herauszuziehen.
Raubt man den Dialog noch radikaler, was soeren onzes Projekt zu sein scheint, kann man Folgendes betrachten: Die Frage „Warum liegt hier überhaupt Stroh?“ ist eine sinnvolle Frage, weil es tatsächlich unverständlich ist, warum da Stroh liegt. Würde die Frage nicht gestellt werden, hätte man sich aber nie zu ihr verhalten. Als Zuschauer würde man das Stroh ohne Fragen akzeptieren. Das Stroh oder die Umgebung wird deshalb durch die Frage in ein entfremdendes Licht gestellt, wodurch der Sex eine seltsame Reinheit erlangt, weil die Frage die Umgebung von dem Sex entfernt. Die Umgebung wird für ungültig erklärt, sie ist nur Bühne, sie gehört nicht zum Sex (oft ist die Bühne ein Hauptelement des Sexes). Diese Reinheit des Sexaktes durch die Entfremdung von der ungültigen unerklärbaren inszenierten Umgebung (es muss eben irgendetwas da sein, damit es eine Bühne gibt, aber warum Stroh?) gelingt aber nicht, weil die Frage auch nicht zum Sex gehört. Der Porno darf sich nicht in Frage stellen als Inszenierung, sondern muss eben vorgeben, dass er wirklich ist. Die Frage, die also durch die Entfremdung der Bühne eine gewisse Reinheit des Sexes herstellen sollte, entfremdet selbst den Sex (denn wer will wissen, warum da Stroh liegt, wenn er doch nur ficken will?). Was bleibt also? Vielleicht eine Komik der Kausalität, wie soeren onze vielleicht auszudrücken versucht. Denn, so könnte man argumentieren, die Frage nach der Kausalität (warum liegt da Stroh) wird in ihrer ganzen Ohnmacht und Gleichgültigkeit dargestellt, indem sie dann gestellt wird, wenn sie am Wenigsten zu sagen hat. Meine Interpretation geht jedoch in eine andere Richtung. Ich finde nämlich nicht, dass der Sex die Kausalitäts-Frage lächerlich macht, sondern dass die Kausalitäts-Frage den Sex verarscht. Nun, beide Richtungen sind möglich. Meine Konklusion aber ist diese: Die Bewegung ist doppelt – erstens wird das Stroh entfremdet um von ihm zu abstrahieren und den Sex allein stehen zu lassen (die Frage macht uns ja darauf aufmerksam, dass es eben nicht um das Stroh sondern um den Sex geht); zweitens wird der Sex entfremdet (weil die Frage einfach zu seltsam ist um vergessen zu werden). Zu der Frage, was also übrig bleibt, muss man tatsächlich eine postmoderne Antwort geben: Übrig bleibt nur der Tod der großen Erzählung vom Sex. Ich frage mich nur: Wird die große Erzählung vom Tod der großen Erzählungen nicht langsam ein wenig trivial?

Deine Kritik an meiner Sprache nehme ich hin und werde nachdenken, ob dies hier vielleicht nicht der richtige Ort für Fragmente ist, denn Philosoph zu sein ist nicht mein dauerhafter Anspruch. Aber ja, wenn es nur rätselhaft war und vollkommen unverständlich, dann reicht das nette Video wohl nicht um eine Berechtigung der Veröffentlichung zu finden. Aber ein ausgesprochenes, klares Fragment scheint mir nicht spaßig genug. Ich hätte meinen Punkt also ausführen sollen, oder das Fragment auf das Video beschränken sollen.

Den inflationären Gebrauch allerdings weise ich zurück, denn ich bin davon überzeugt, dass der Bruch noch keinen interessanten Punkt hervorbringt. Er ist wie eine Farbe, die man überall entdecken kann, nichts sagend ohne weitere Gedanken. Brüche findet man überall, sie sagen nicht, es sei den wir lassen sie sprechen. Erst wenn Brüche zu Lücken führen sind können sie mehr als nur beeindrucken oder bespaßen. Deshalb stimme ich dir zu, wenn du sagst, dass das Aufdecken von Brüchen noch nichts besonders interessantes ist. Aber das interessante an diesem Dialog sind auch nicht die Brüche, die er hervorruft und die wohl für jeden einsichtig sind, zumal es eben um „Sex“ geht. Interessanter wird es erst, wenn man damit etwas anfängt.

Auf eine Richtung, wie man damit etwas anfangen könnte, wollte ich mit diesem kurzen und unklaren Satz hinweisen. Assoziationen hervorrufen ohen vorzudenken. Denn ausformuliert würde ich selbst deinen letzten Absatz noch viel weiterführen und auf die Seinsvergessenheit hinweisen, die Heidegger in seinem Technikaufsatz beschreibt. Entfremdung mag ein Bruch sein, aber wenn „Sex“ nicht mehr den Personen dient, sondern in einem produktiven Akt hergestellt wird, wie das im Porno der Fall ist und sich dies auf die Gesellschaft auswirkt, dann produziert sich der Porno als Sex selbst, ohne dass der Mensch noch an sich oder den Sex, den er haben möchte, denkt. Sex oder Porno werden eins und verschwinden damit. Der Mensch hat nur noch Geschlechtsverkehr und konsumiert ein nicht mehr von ihm intendiertes Ideal, was wiederum nur darauf ausgerichtet ist, dem Trieb und nicht dem Menschen zu dienen. Der Mensch wird so in diesem Kreislauf zum Diener seiner eigenen Technik.

Vielleicht sollte ich diesen Gedanken noch einmal in einem Artikel klar ausdrücken. Ich dachte eben, hier könnte man sich solchen Gedanken gemeinsam nähern, was ja nun auch erreicht wurde. Die Klarheit der Philosophen steht sicher in einer guten Relation zu dem, was Philosophen sich eben so vornehmen. Nur ist mein Vorhaben so wenig philosophisch, wie nötig. Nicht um der Klarheit oder Verantwortung zu entkommen, sondern um einen Spaß zu haben, den die philosophische Reflexion nicht haben kann: die Unbeschränkung meines eigenen Lebens. Das mag jetzt zunächst wirsch klingen und sicher werden dir einige Beispiele und Zitate einfallen, die dies zu widerlegen trachten, sodass z.B. nur der „aufgeklärte“ Mensch seine Freiheit verwirklichen kann. Freiheit als Beschränkung durch sich selbst in anbetracht der selbstauferlegten Pflicht. Nur fehlt mir eben manchmal die Einsicht. Ich denke nicht, dass jemand ein Recht darauf hat, mich zu verstehen und deshalb nehme ich mir das Recht heraus unverständlich zu sein, wann immer es mir Freude bereitet und wahrlich, gerade dieser Text hat mir Freude bereitet, liegt ihm zudem noch ein unveröffentlichter Text zugrunde, der hier nur angeführt werden kann um meinen persönlichen Spaß zu rechtfertigen, aber nicht um dir deine Langeweile mit solch einer Sprache zu nehmen.

Ich habe mich jetzt rausgeredet und wiederhole trotzdem den Beginn noch einmal: ich werde mir die Kritik von dir und von Claudia zu Herzen nehmen, berechtigt scheint sie mir dennoch nur aus eurer Perspektive.

Naja eine Entbergung des Willen zum Selbst sehe ich da weniger. Dann doch schon eher der gesunden Umgang mit dem freudschen „Es“. Wenn man das ganze allerdings aufs eigentliche herunterbricht bleibt nichts anderes, als die Fähigkeit der Beteiligten, sich aufs Wesentlichste zu konzentrieren und gegenwärtige Distraktoren mental auszublenden.