Im Seminar „Positivismusstreit“ bei Soboleva ist eine heiße Diskussion entbrannt ob 4+5=9 ein synthetisches oder ein analytisches Urteil ist.-Analytische Urteile sind solche, die nichts neues hervorbringen, ohne empirische Erkenntnisse wahr sind und dessen Prädikat schon im Subjekt vorhanden ist.-Ein synthetisches Urteil ist ein erkenntniserweiternder Satz. Bei Kant gibt es noch eine Unterscheidung, aber auf die gehe ich in einem anderen Artikel ein.Der Satz 4+5=9, oder als Satz geschrieben, vier plus fünf ist gleich neun, ist ein analytischer Satz, da in der Neun die Vier und die Fünf schon drinstecken. Diese gleichung ist nur ein anderer Ausdruck für das mathematische Axiom „Jede Zahl hat einen Nachfolger“.Wenn nämlich jede Zahl einen nachfolger hat, dann muss auch vier und fünf neun ergeben und ist somit kein erkenntniserweiternder Satz. Wenn man verstanden hat, was eine Zahl ist, bzw. was die Neun bedeutet, dann erschließt sich der Satz daraus und ist eben analytisch.

Kommentare

Freut mich, dass noch jemand etwas mit meinem kleinen Zettelkasten hier anfangen kann. Was für ein Seminar leitest du denn?

Ich bin nur Teilnehmer beim Seminar von Christoph Demmerling über Kants Kritik der reinen Vernunft an der FU Berlin.Danke für die Aufnahme in der Blogroll!Gruß Robert

Die Mathematik pauschal als analytisch einzustufen, ist zu einfach. Innerhalb eines Axiomen-Systems können alle beweisbaren Sätze als analytisch Aussagen aufgefasst werden. Die Axiomensysteme, die in der Mathematik aufgestellt werden, und ihr Vergleich ergeben mit Sicherheit einen Erkenntnisgewinn.Seit Kurt Gödel wissen wir auch, dass es Axiomensysteme gibt, die entweder unvollständig – nicht alle wahren Sätze sind beweisbar – oder widersprüchlich – ein Satz und sein Gegenteil sind beweisbar – sind. Auch das ist Mathematik und ein Erkenntnisgewinn der – philosophisch gesehen – weit vor der Relativitätstheorie einzustufen ist.

NUn, die Mathematik muss ein in sich geschlossenes axiomatisches System sein, sonst kann sie nicht arbeiten. Wenn Lücken entdeckt werden, müssen sie geschlossen werden Die Erkenntnis, dass nicht alle wahren Sätze beweisbar sind, kann die Mathematik mit ihren Methoden nicht gewinnen. Diese Erkenntnis muss über aussermathematische Methoden erfolgen.

Oh, gerade die Erkenntnis, dass nicht alle wahren Sätze der Zahlentheorie beweisbar sind, ist völlig im Rahmen der Mathematik erfolgt. Hier werden die Aussagen der Zahlentheorie auf Zahlen abgebildet (gödilisiert). Dann gibt es eine Menge, die alle beweisbaren Aussage enthält. Ein Dialog zu dem Thema findet sich hier.Eine weitere Beschreibung findet sich hier .Die Unvollständigkeit der Zahlentheorie kann nicht geschlossen werden. Ich könnte den nicht ableitbaren Satz einfach als Axiom hinzunehmen. Doch dann existiert ein neuer Satz, der nicht ableitbar ist. Die formale Beweisbarkeit hat eine Grenze.Schlecht für den Computer – gut für den Menschen.

Hm aber wenn man sagt, dass in der 9 schon drinsteckt, dass sie aus 4 und 5 zusammengesetzt ist (wobei man m.M.n. hier sagen müsste „zusammengesetzt werden kann“, da man sich die 9 auch ohne die Verknüpfung von 4 und 5 denken kann), dann muss man aber vorher immerhin schon wissen 1) dass es prinzipiell überhaupt möglich ist zwei Zahlen zu addieren und 2) muss man auch die Methode kennen, wie das zu bewerkstelligen ist.Mathematisch gesehen ist die Aussage 4+5=9 die gleiche wie 2>QuadratWurzelQuadrat

Mist, der Platz ist zu klein.Mathematisch gesehen ist die Aussage 4+5=9 die gleiche wie 2>QuadratWurzelQuadrat

Ich als Mathematiker habe über die Frage auch mal nachgedacht. Mein Vorschlag wäre der folgende. Wenn eine mathematische Aussage wie 4+5=9 aus einem Axiomensystem hergeleitet wird, dann ist sie analytisch. Schließlich steckt sie im Axiomensystem bereits vollständig drin, man muss nur noch den Beweis für sie finden. Aus dem üblichen Axiomensystem der natürlichen Zahlen kann man die Aussage 4+5=9 zum Beispiel leicht beweisen. Sie ist also analytisch.Anders sieht die Sache mit einer Aussage aus, die zwar aus einem Axiomensystem für eine mathematische Struktur (wie den natürlichen Zahlen) nicht hergeleitet werden kann, die aber in der Struktur trotzdem gilt. Also eine Aussage die gilt, obwohl man sie nicht aus den Axiomen beweisen kann. So was gibt es. In den natürlichen Zahlen gibt es sogar eine Menge Aussagen, die man aus den üblichen Axiomen nicht herleiten kann, die aber trotzdem gelten (das sagt Gödels Unvollständigkeitssatz).Wenn man dann feststellt, dass so eine Aussage gilt (wie auch immer man das machen will), dann wäre das ein synthetisches Urteil. Weil man etwas herausgefunden hat, was im Axiomensystem noch nicht an Wissen drinsteckte.Hm, ich hoffe das war nicht zu verwirrend…

Ich glaube, dass 4+5=9 ein synthetischer Satz a priori ist (Kant). Dieser Satz erkenntniserweiternd. Für die Synthesis brauchen wir immer Hilfsmittel. In der Regel ist das unsere Erfahrung. Doch ist das hier ein mathematische Urteil. Nur durch Anschauung gelangen wir zur Erkenntnis, dass 4+5=9. Als Anschung brauchen wir uns nur 4 und 5 Punkte im Geiste vorzustellen und zusammenzuzählen. Darum a priorie. Gleichzeitig haben wir es hier mit einer Identitätsaussage zutun. Nur a = a ist analytisch zu nennen. a = b, sowie 4+5=9 unterscheiden sich in a = a darin, dass sie einen unterschiedlichen Sinn enthalten. 4+5 hat nicht denselben Sinn wie 9, sondern nur dieselbe Bedeutung. Bedeutung heißt, dass sie hier dasselbe bezeichnen (Frege). Wir bezeichnen die 9 aus unterschiedlichen Perspektiven. Einerseits aus der Perspektive der 9 anderseits aus der Perspektive 4+5. Wenn wir dann zu der Erkenntnis gekommen sind, dass 4+5=9 ist, scheint es uns, dass in der 9 die ganze Zeit 4+5 enthalten war. Doch das halte ich für falsch.Beste Grüße Piet