Dass 80% aller Artikel, die in der Blogosphäre aufloppen, dafür geschrieben wurden, Aufmerksamkeit zu ziehen, ist klar. Welche zu den 80% gehören ist unklar und selten einwandfrei zu erkennen.

Es hat mich schon gerade gejuckt, mir die ganzen momentan hochkommenden Roland Koch Artikel anzuschauen und zu prüfen, welche dieser Textstücke denn eine eigene Idee bringen. Dann würde ich gerne den Blogger fragen, warum er gerade bei einem Thema, wo dem Politiker die „falsche“ Meinung zum Verhängnis wird, warum er in solch einem Fall Texte ohne jegliche Meinung produziert. Ich meine Nachrichtenportale gibt es doch wirklich wie Sand am Meer.

Nun, man will dabei sein. Die richtigen Trackbacks und die scharf formulierte These, zusammengebracht in einem Artikel können „wahre Massen“ auf das eigene Weblog bringen und dass der eigentliche Artikel nichts Neues bringt, sondern die Diskussion unschärfer macht, wird von den wenigsten Lesern wohl bemerkt werden. Zudem kommen die Leser dann sicher auch noch ein weiteres Mal und man kann sie mit einem wirklich guten Text überzeugen, Stammleser zu werden. Provozieren ist nicht nur in der Kunst eine geeignete Möglichkeit Aufmerksamkeit zu produzieren. Provokation ist nicht partout schlecht, aber doch irgendwie in der Politik nicht ganz angebracht. ist meine Meinung.
Was mich aber daran stört, ist die Tatsache, dass diese Methode längst auch von Blogs angewendet wird, die ich sonst für unaufgeregte Analysen zu politisch-gesellschaftlichen Problemen schätze. Da ergibt sich ein Gegensatz, der einfach nicht haltbar ist. Entweder man versucht der Politik heutiger Ausprägung, also marktschreierischer Medienpolemik, etwas entgegenzusetzen, dass sich Wissen und ethische Verantwortung nennt, oder man stimmt ein in das Lied des demokratischen Untergangs, dass gerne Gegensätze betont, statt sie aufzulösen.

Ich will nicht gegen Meinungen und Standpunkte plädieren, diese sind genauso wichtig in der Politik, wie Hintergrundwissen um die behandelten Probleme. Glossen und Streitschriften sind wichtig, um die politische Debatte voranzubringen. Sie sind aber nicht um ihrer selbst wichtig. Wenn keine Debatte folgt, oder diese auch nur stammtischnahe Aussagen bündelt, dann leitet die Glosse fehl, dann wird das Streitgespräch zum Krieg mit Worten und der Mob rennt brennende Wortfackeln tragend durchs digitale Dorf.

Das Problem ist doch nicht, dass Roland Koch, oder einer der anderen Hobbysophisten mal wieder etwas erzählt, bei dem er hofft, Stimmen, Aufmerksamkeit und somit Macht zu bekommen oder zu erhalten. Das Problem ist doch, dass dies gleich aufgenommen wird, so als hätte man darauf nur gewartet, um den politischen Gegner so darzustellen, wie er „ist“. Dass dabei eine gewissen Indifferenz durch die eigene Meinung immer eine Rolle spielt, wird gerne unter den Stammtisch gekehrt. Hauptsache, so einer behält seine Macht nicht. Ein Teufelskreis, denn man macht sich dem selben Mittel schuldig, nur der Zweck ändert sich.

Dieser Position des unaufgeregten Politik-betreibens wird gerne entgegengehalten, dass sie niemals zu Wahlerfolg und Meinungsbildung der Bevölkerung beitragen wird. Der Demagoge gewinnt, wenn das Intellekt sich selbst zum Schweigen anhält. Sicher, aber unaufgeregt zu sein, bedeutet nicht, zu Schweigen. Roland Koch seine ungemein gefährliche Meinung zu verdeutlichen, dem Wähler zu zeigen, dass härtere Jugendstrafen nur die Auswirkungen beeinflussen, aber keineswegs die Ursachen der Gewalt anrühren, muss auch mit unaufgeregten Diskussionsbeiträgen zu machen sein. „Du Nazi“ und „Alles Faschisten“ hat noch nie weitergeholfen, selbst wenn es zutreffend sei. Wenn Gebrüll und die härteste Position das tonangebende Moment ist, dann ist Demokratie nur noch eine Schaubühne der Eitelkeiten und auf dem besten Weg zu ihrer Auflösung.

 

Kommentare

Der Artikel gefällt mir sehr gut. Ist unsere Demokratie tatsächlich zu einer „Schaubühne der Eitelkeiten“ verkommen? War sie jemals mehr als das? Kann sie trotzdem funktionieren? Fragen die gerade in einer Zeit aktuell sind, in der es im politischen Diskurs anscheinend kein beliebteres Mittel als populistische Thesen oder die Beschuldigung des Gegeners, solche zu verwenden, zu geben scheint.

Ich habe den Glauben noch nicht verloren, dass einige Politiker die Vernunft des Volkes ein wenig unterschätzen. Zwar kann ein Roland Koch bei seiner Landtagswahl mit ein paar markigen Sprüchen für Aufsehen sorgen, aber die meisten Menschen erkennen, ob sie eine aufrichtige Person mit guten Absichten vor sich haben oder nicht. Solche Politiker sind weder dämlich genug, um von ihren Sprüchen überzeugt zu sein, noch schauspielern sie gut genug. Ihr Vorgehen dient weder der Sache, noch dient es ihrer Macht so sehr, wie ein Eintreten für das, was wirklich sinnvoll und richtig wäre. Sie haben in allen Belangen die falsche Strategie gewählt.

Wenn allerdings alle so anfangen, sich dabei noch gegenseitig hochschaukeln und die Medien mit in das Geschrei einstimmen, dann geht derjenige, bei dem die Vernunft gesiegt hat, irgendwann garnicht mehr zu Wahl. Die Stimme im Kasperletheater wäre den Weg zum Wahlbüro nicht mehr wert. Wir sollten es nicht so weit kommen lassen.

Das Problem der „Meisten“ ist doch nicht der Hang zur Provokation, nicht die zu scharfe Formulierung der Thesen, sondern ein vollständiges Fehlen dieser als auch das Fehlen eines gehaltvollen Inhalts ist bedenklich. Mir fallen Massen von Beispielen ein die als Thema für einen 08/15 Artikel verwendet werden. Da wäre das ewig leidige, ewig lächerliche Thema des Rechtsradikalismus der in wenigen Stunden die Demokratie vernichten wird, sofern man sich nicht unverzüglich zusammen schließt und „Aufklärungsarbeit“ leistet. Solche Artikel sind mit klassischen Phrasen gespickt wie „bunt statt braun“ oder „Faschismus ist keine Meinung“.
Auch ein längst verdautes doch gerne wiedergekäutes Thema ist Schäubles Plan des Überwachungsstaates.
Ich denke das Problem, dass man innerhalb kürzester Zeit mit Belanglosigkeiten zu allseits bekannten Problemen bombardiert wird, ist nicht nur ein Problem von Webloggs sondern von Medien im Allgemeinen.
Die schlagartige Sensibilisierung für Jugendkriminalität welche durch den Überfall auf einen Rentner in München mit ausgelöst wurde ist ein Paradebeispiel. Sofort melden sich drittklassige Politiker aus der vierten Reihe um „härtere Strafen“, „Bootcamps“ und dergleichen zu fordern. Im Radio wird über jede Kneipenschlägerei berichtet, so dass es scheinen könnte Jugendkriminalität wäre vorgestern entstanden und gestern schlagartig zum Ausbruch gekommen. Es gibt Statistiken anhand derer man beobachten kann wie in den letzten fünfzehn Jahren die Berichterstattung von Verbrechen in den Nachrichten andere Beiträge verdrängt hat. Ich habe diese leider nicht griffbereit, vielleicht kann ich sie irgendwo auftreiben. Neben der Tatsache, dass man gelangweilt wird spielt also hierbei noch ein Angstaspekt eine Rolle.
Ich habe jetzt vermutlich etwas an deinem Artikel vorbei geschrieben aber ich war mir nicht sicher ob du nur die Tendenz zu „marktschreierischer Medienpolemik“ bzw. „Provokation“ kritisierst oder Texte „ohne jegliche Meinung“. Muss eine Provokation nicht zwangsläufig eine besonders ausdifferenzierte und unkonventionelle Meinung sein um provozieren zu können? Im Spiegel wurde vor einigen Monaten ein Interview mit einem Biologen veröffentlicht der versucht hat die Behauptung aufgestellt hat es gäbe keinen Gott. Der Spiegel bezeichnete dies als eine „provokante“ These. Ich würde mich fragen ob eine solche These über 100 Jahre nach Nietzsche noch provozieren kann? Ich glaube es gibt kaum Artikel die auch auf den zweiten Blick noch provozieren oder erschüttern.
Deine Polemikkritik kann ich nicht Teilen.
Ein Diskurs, egal ob politisch, wissenschaftlich oder nach Stammtischart, braucht Thesen die Marmor schneiden, Worte die Fackeln entzünden, Redner die Massen verblenden. Ist denn nicht die erste Vorraussetzung der Wahrheit, dass diese als solche überhaupt erkannt wird? Wahrheit als eine Frage der Macht und Mächtigkeit Menschen so zu beeinflussen, dass sie einen Sachverhalt als Wahrheit anerkennen.
Das Mittel ist uninteressant, der Zweck, die Wahrheit und die Anerkennung dieser sind von Bedeutung. Provokation, Manipulation, Polemik ist gerade für die Politik wichtig, ja nahezu unentbehrlich, es geht um Einfluss, um Macht, nicht um Wahrheit. Macht als Wahrheit, als Mittel zur Wahrheit. (Wo wir gerade dabei sind: Kannst du deinen Wahrheitsbegriff etwas näher erläutern?)
Die Krankheit der zeitgenössischen Politik ist der Mangel an echten Demagogen, an Anheizern und Aufwieglern, es fehlt an beinharter Polemik, an Positionierung, an Persönlichkeit. Markige Sprüche? Ich kann gar nicht sagen wann ich zum letzten Mal einen gehört habe. Man kann davon ausgehen, dass sobald jemand in der Politik die gepriesene „Sachlichkeit“, die zögerliche Diplomatie ablegt, mit Rücktrittsforderungen belegt wird. Auch wenn Marktschreierei nicht die von mir favorisierte Art der Polemik ist kann ich noch nicht einmal diese in der Politik erkennen. Die politische Gesellschaft löst sich zumeist nach dem Abschluss eines öden Juristenwalzers in ihre Bestandteile auf, Überzeugungen zerrieseln zu Meinungen, Meinungen zu Phrasen und übrig bleibt die durchschnittliche Unglaubwürdigkeit.

„…dann wird das Streitgespräch zum Krieg mit Worten…“

Die Bündelung von Stammtischaussagen mündet in einer Handgreiflichkeit falscher Grammatik. Ein Streitgespräch wird erst zum Krieg mit Worten wenn die aufeinander treffenden Positionen Überzeugungspotential haben, d.h. wenn sie eben nicht auf bloßer Meinung, sondern auf Überzeugen, d.h. auf begründeter Meinung beruhen.

Und bist du kein Krieger des Wortes?
Wozu die Polemik-Schmähungen, wozu sich hinter scheinobjektiven Wahrheitsbegriffen verstecken, wenn die Rüstung angelegt und das Schwert geschärft ist, wenn der Feind schon auf dem Feld ist und den Kampf sehnsüchtig erwartet.
Ist dies nicht wahre Erbaulichkeit, zu sehen wie Konsonanten und Vokale sich zu Kompanien, zu Worten formieren, Worte sich zu Regimentern, zu Sätzen zusammenschließen und daraus sich das Ganze, die Kampfmaschinerie einer durchdachten Theorie, die Armee aller Geistigkeit zusammenschließt? Ist es nicht die Erhebung zum Göttlichen den Feind fallen und dessen Armee fliehen zu sehen, den nahenden Sieg zu spüren, in des Feindes Augen zu blicken aus denen die Angst von tausend Generationen spricht, den Atem seines Entsetzens über seine Unterlegenheit zu fühlen? Dies allein ist Wahrheit: Durch die Mächtigkeit des eigenen Wortes Wahrheit nach seinem Bilde zu formen. Wahrheit schafft nicht der der Recht hat, sondern der der übrig bleibt, dessen Worte länger in den Ohren seiner Hörer hallen.
Freunde, ich sehe eine Schlacht und mich dünkt es wird die letzte sein – lasst uns Krieg führen!

Hab zu dem Thema ein passendes Zitat gefunden:

„Lautsprecher verstärken die Stimmen nicht die Argumente.“ (Hans Kasper, Aphoristiker)

@ Wowik:

Es geht in dem Artikel, glaube ich, weniger um das Beschneiden der Rhetorik, als um die Konzentration der Debatte auf die eigentliche Sache, das zu lösende Problem. Ein politische Debatte soll bewegen und darf daher auch bewegt geführt werden, so lange der Sinn und Zweck der ganzen Aufführung nicht aus den Augen verloren wird. Die Politik ist nicht nur ein Spiel mit der Macht, sondern sie erhält ihre Existenzberechtigung durch die Wahrnehmung einer gesellschaftlichen Verantwortung.

Stilistisch mal wieder ein sehr ansprechender Beitrag von dir.

Wowik, ich hätte mir gewünscht, dass du nicht nur das gelesen hättest, was dir missfällt, sonder auch den Anfang des von dir zitierten Absatzes:

Ich will nicht gegen Meinungen und Standpunkte plädieren, diese sind genauso wichtig in der Politik, wie Hintergrundwissen um die behandelten Probleme. Glossen und Streitschriften sind wichtig, um die politische Debatte voranzubringen. Sie sind aber nicht um ihrer selbst wichtig.

Ich hätte noch so viel zu sagen, aber weißt du was, gegen so ein Gebrüll, wie es aus deinem Kommentar spricht, habe ich einfach nichts zu sagen, was nicht persönlich würde. Du schreibst immer wieder, welch starke Meinung deinem lauten Gebelle zugrunde liegt, aber diese starke Meinung behälst du für dich. Lautes Gebrüll mit lautem Gebrüll zu rechtfertigen und dann mit einem Willen zur Macht zu protzen, der sich allein in Papierform ausdrückt, wäre zwar sicher ganz im Sinne Nietzsches, dem nicht nur sein Geist im Wege stand zum Krieger Zarathustra zu werden, aber es gibt eben dann doch nur zwei Möglichkeiten:

1. Du brüllst und ich höre dir nicht zu. Dann hält sich deine Macht doch stark in Grenzen.
2. Du führst physischen Krieg und ich werde mich verteidigen. Wer dabei übrig bleibt, bestimmt die Geschichte.

Aber die Frage nach dem Wahrheitsbegriff will ich beantworten: Ich habe keinen außer dem logisch-pragmatischen Wissen, das wir als wahr betrachten können, nicht weil ihm Wahrheit zukommt, sondern weil es funktioniert. In sofern wäre dein Machtbegriff ein Kandidat, um als wahr bezeichnet zu werden, aber beileibe nicht der einzige: Argumentieren funktioniert auch ganz gut. Entschuldige diese polemische Antwort, aber was soll ich jemandem antworten, der mich zunächst fragt, welchen Wahrheitsbegriff ich habe, um dann allwissend pöbelnd es sich und den Lesern dieser Kommentare zu beantworten:

wozu sich hinter scheinobjektiven Wahrheitsbegriffen verstecken

Ich schweige, es liegt an dir die Schwerter zu wetzen und die Rüstung mit deinem Wappen zu beschmutzen: Aber sieh dann auch zu, dass es nicht das Bild des zahnlosen Papiertigers trägt, denn Lachen hinterlässt ein ebenso lautes Echo wie Gebrüll.

Deinen ersten Kritikpunkt verstehe ich nicht, da besteht doch Konsens. Ich stelle lediglich fest, dass der „Krieg mit Worten“ eben nicht aus dem Zusammenstoß zweier unbegründeter Meinungen hervorgehen kann, sondern aus Überzeugungen. Erst auf einer beidseitig nachvollziehbaren Begründung kann ein Schlachtfeld entstehen auf dem sich beide Parteien treffen und gegebenenfalls bekämpfen können. Unbegründete Meinungen wie man sie an Stammtischen trifft führen eben nicht zu einem offen Kampf auf dem Felde der Argumentation und Nachvollziehbarkeit, sondern führen zu einem völlig statischen Stellungskrieg in dem sich beide Parteien in die uneinnehmbare, weil unbegründete, Festung ihrer bloße Meinung verschanzen.

Mein Kommentar ist wohlwollender als du ihn aufzufassen scheinst, daher kann ich die Aufregung nicht nachvollziehen, vielleicht drücke ich mich auch zu schwammig aus.
Welche starke Meinung? Ich behaupte doch nirgends, dass ich die die ganz große Wahrheit gefunden hätte und meine Meinung über alle erhaben sei.
Möglicherweise habe ich deinen Text nicht richtig verstanden aber ich kann deine Trennung von Polemik und Sachlichkeit nicht teilen. Natürlich ist nichts als Polemik, wenn sie etwas Schaffendes und erbauliches sein soll wertlos.
Ich ziehe jedoch einen polemischen Text der wohlbegründet ist und nicht bestreitet, dass er ein subjektives, notwendig unsachliches Moment beinhaltet dem rein sachlichen Text vor. Reine Sachlichkeit ist eine schwärmerische Vision, Autoren die meinen rein „sachliche“ Texte zu schreiben oder das Problem „objektiv“ zu betrachten sind im Prinzip die größten Blender und Polemiker. Wertfreie Betrachtungen bleiben Wunschdenken. Außerdem halte ich es für schwieriger aus einem nüchtern geschrieben Text die Polemik herauszufiltern und von Argumenten zu trennen. Natürlich besteht dieses Problem in umgekehrter Form auch im offen polemischen Text, man wird nämlich dazu verleitet werden Argumente zu übersehen und urteilt möglicherweise allzu schnell: „Nichts als Polemik!“

1. Du brüllst und ich höre dir nicht zu. Dann hält sich deine Macht doch stark in Grenzen.
2. Du führst physischen Krieg und ich werde mich verteidigen. Wer dabei übrig bleibt, bestimmt die Geschichte.

Ich, Ich, ich, es geht nicht darum was ich tue, es geht auch nicht um meine Macht. Du magst es kaum glauben, aber mein Kommentar sollte kein Theaterstück der Selbstdarstellung werden und auch keine persönlich gemeinte Kriegerklärung im physischen Sinn.
Ich habe ja nicht ausgeschlossen, dass man auch ohne offene Polemik überzeugen kann, sondern lediglich dass es egal ist womit man überzeugt. Der Zweck ist von Bedeutung, nämlich andere zu überzeugen, das als Wahrheit anzuerkennen was man ihnen als Wahrheit vorsetzt, wovon man sie überzeugt. Es ist belanglos wie sich etwas mir vorstellt, wenn ich überzeugt bin, dass es sich mir anders vorstellt.

„Argumentieren funktioniert auch ganz gut.“

Wo genau bestreite ich das? Ich sage nur, dass ich keinen Anspruch auf eine für sich allein stehende Argumentation habe. Austausch ist immer mehr als bloße Argumentation, daher bevorzuge ich die Texte die sich Unsachlichkeit zu einem bestimmten Grad von vornherein zugestehen und somit Polemik befreiter und großzügiger nutzen können.

Funktion als Wahrheitskriterium?
Das finde ich schwierig. Es stellt sich doch umgehend die Frage was funktioniert wozu und für wen. In Naturwissenschaften mag das vielleicht ausreichen, dass kann ich nicht beurteilen, aber betrachtet man beispielsweise politische Systeme oder moraltheoretische Ansätze, stellen sich doch die Fragen nach Zielsetzung und Maßstab. Ist Funktion nicht immer zweckgebunden?
Dieser Motor funktioniert, weil er die berechnete Leistung erbringt.
Kann ich das aber beispielsweise von Wahlen sagen? Wahlen funktionieren weil das Volk seine Herrschaft beeinflussen kann, oder weil sie „gut“ für die Demokratie sind? Wie sieht es dann mit Demokratie aus? Inwiefern funktioniert sie? Was ist ihr Zweck, ihr Maßstab?
Es wird schwierig politische oder gesellschaftskritische Diskussionen zu führen und sich dabei auf einen solchen Wahrheitsbegriff zu beziehen, wenn man denn diesen Anspruch an sich stellt.
Kannst du vielleicht dein Verständnis eines logisch-pragmatischen Wissens näher ausführen? Denn mir scheint so wie ich es bis hier hin verstanden habe, lag ich mit meiner Bemerkung, die übrigens nicht so sehr auf dich gemünzt war, gar nicht so weit daneben.

Es war übrigens ein grober Fehler meinerseits Nietzsche im Text zu erwähnen, da allein die Erwähnung dieses Namens alles andere zu überschatten scheint und zu falschen Schlüssen verleitet. Diese Erwähnung war eigentlich nur als eine Anspielung auf den Satz „Gott ist tot.“ gedacht.
Damit wollte ich andeuten, dass seit dem die Leugnung eines Gottes nicht mehr zur Provokation taugt. Eine derartige Feststellung tut nur einmal weh.

Wer zuletzt lacht, lacht am Besten.
@ people in motion: Das Zitat trifft den Nagel auf den Kopf.

Ich finde nicht, dass es ein grober Fehler war, Nietzsche im Text zu erwähnen. Die Anspielung war ziemlich eindeutig und hatte keinen besonderen Einfluss auf den Rest des Textes.