Episode 3

Ja denn will ich mal wieder Berichten, es ist doch schon eine gute Weile her, deshalb wird es mir wohl recht schwer fallen alles zu berichten. Aber gut wenn ich jetzt nicht anfange werde ich es gar nicht mehr tun. Erstmal nach schauen, wann ich mit dem letzten Bericht aufgehört habe, was schon so lange her?

Ja dann, also ich weiß echt nicht mehr was ich so alles in der Zeit bis Weihnachten gemacht habe, ich glaube es war gar nicht so viel, ich bin in der Arbeit weiter vorangekommen, heute ist es wirklich viel einfacher für mich mit den Kindern zu arbeiten, sie respektieren mich einfach mehr, auch auf einer menschlicheren Art und Weise, was ich anfangs nicht für möglich gehalten hätte. Aber dazu später mehr. Denn an ein Ereignis erinnere ich mich noch gut, denn Raphi und Frede waren hier für vier Tage hier im grauen Ostrava mich Besuchen. Mit dabei ne ganze Menge Wein, welch eine Wonne, den eins kann ich euch sagen, so gut das Bier hier ist, um so schlechter ist der Wein, eine richtige Plörre, viel zu süß und dabei so wenig Weingeschmack. Wir hatten richtig Spaß hier, ich war so froh ein wenig Heimat zu fühlen, wieder Deutsch zu reden, ja doch manchmal fehlt mir das doch sehr, meinen, zugegebener Maßen, sehr komischen Humor verstanden zu wissen. Was haben wir gemacht, eigentlich nicht allzu viel, gesessen getrunken, Billard gespielt, gegessen und dabei pausenlos geredet, wie in den alten Tagen, bei mir in meinem Loch, jeder der schon mal in meiner Bude gewesen ist, weiß was ich meine. Doch leider wollten beide nicht für immer bleiben, wer kann ihnen das verdenken, bei all dem grau und der Trostlosigkeit und so sind sie wieder gefahren…

Eine kleine Episode möchte ich noch zu besten geben: Frede und ich standen auf dem Balkon und rauchten, Raphi hat noch gepennt, oder wieder, wer weiß. Frede meinte es sei ja hier wie in der Bronx, man hört alle fünf Minuten Polizei, wie wahr, ich habe echt keine Ahnung ob die alle nur mit Blaulicht zum Einkaufen fahren oder ob ich wirklich in der tschechischen Bronx wohne, aber es ist bezeichnend, danke dir Frede für diese Feststellung.

Die Wochen bis Weihnachten ist so weit ich mich noch erinnere nicht mehr viel passiert, ich habe hier die Kontakte gefestigt, bin kaum noch einen Abend alleine gewesen seit dem, immer habe ich jemanden gefunden mit dem ich Billard, Bier und Gespräche verbinden konnte. Habe mit Samuel, das ein oder andere mal gekocht und gewisse unklärbare Streitfragen erörtert. Sarah ist hier gewesen, sie ist Freiwillige in Brno, hach so gut gammeln wie mir ihr kann man wirklich nicht mit jedem.

Dann kam Weihnachten, ich wollte einmal die Chance nutzen es allein zu verbringen, Samuel war nach Hause gefahren und auch hier in Don Bosco war es ruhig, da die Studenten natürlich auch alle zu ihren Familien heim sind. Aber an Weihnachten habe ich zwei Bilder gemalt, die ihr auf meiner Seite finden könnt, ich weise gerne darauf hin, www.onez.de.be, dort findet ihr auch eine Geschichte, Als wenn der Weihnachtsmann nicht auch mal Rotwein trinkt, die ich am Heiligen Abend geschrieben habe und deshalb nicht noch mal hier darüber schreiben muss. Denn nicht immer hält Doppelt besser, denn Wiederholung ist Zeitverschwendung. Nach Weihnachten sind wir in Ferienfreizeit gefahren, wieder nach Hodonovice, welch ein Spaß, denn wir, das heißt, Vlastik, Max, Meris, Jana, Martina und Peter wollten danach noch in der Hütte bleiben um dort Silvester zu begehen. Es war ein recht beschauliches Fest, nicht so chaotisch wie die letzten Tage, aber doch mit sehr viel Spaß verbunden, die Tschechen haben einige lustige Bräuche, zum einen zieht man einen Anzug an, Frau putzt sich auch dem entsprechen heraus, dann werden echt lustige Spiele gespielt, ein bisschen Theater, einhergehen mit dem verarschen aller im Raum befindlichen Personen, ich wurde allerdings weitestgehend verschont. Naja und dann wird halt getrunken, hej nicht Sekt, sondern alles über 40%, drehen schaut man dann ins neue Jahr, mit ner ganzen Menge Feuerwerk.

Das neue Jahr hat dann so begonnen, wie das alte geendet ist, beschaulich. Ich habe jeden Tag gearbeitet und bis heute immer mehr Spaß und innere Befriedigung in ihr gefunden, schlimm war nur mein Wochenende in Pardubitce, wir mussten mit den Kindern in einem Raum auf dem Boden schlafen, naja liegen, weil zum Schlafen sind die einfach viel zu laut gewesen, dann sollte ich auch noch gut Tischtennis spielen am nächsten Morgen, aber ne alles geht auch nicht, seis drum. Ich kann euch sagen, die Arbeit mit Kindern, so schwer sie auch sein kann, lässt einen echt die innere Mitte besser tangieren, ich will nicht sagen ich bin hier ruhiger geworden, ich bin wohl noch der selbe von komischen Ideen getriebene wie vorher, aber Kinder können dich ein bisschen kompletter machen, das Ziel verfeinern, denn für wen denn wenn nicht für sie, die Zukunft, ja ich weiß fünf Euro ins Phrasenschwein, aber nein ich mein das wirklich so.

Der Februar war der wohl Ereignisreichste bisher, scheiße was hatte ich ein Pech. Mir wurde mein Laptop geklaut, aus meinem Zimmer, zusammen mit meinem Mp3-Player, ich war nur ne halbe Stunde weg, dann war das wertvollste, materiell gesehen, was ich je besessen habe, weg, so eine Scheiße, der war erst fünf Monate alt. Ich hätte mich tot ärgern sollen, bin aber komisch gelassen gewesen, mir wurde dabei mal wieder bewusst, wie sehr man doch an materiellen Dingen hängt, sie zwar wenn sie nicht mehr da sind vermisst, aber doch nicht deswegen stirbt. Ich brauch den Computer zu arbeiten, ganz sicher sogar, aber hej, ihr glaubt nicht wie viel ich seitdem gelesen habe. Ich will jetzt nicht die alte Leier von alles hat seine guten Seiten raus holen, dafür brauch ich einen Laptop zu sehr, ich muss wieder mega dafür arbeiten um mir nen neuen Kaufen zu können, aber es hat mir einen entscheidenen Anstoss gegeben über Geld nachzudenken, nicht das sich viel in meiner Meinung dadurch geändert hätte, aber naja, so halt.

Dann hatte ich im Februar noch zwei Seminare, erst in Therezin, Theresienstadt, dem früheren jüdischen Ghetto. Dort haben wir ASFler uns getroffen, nicht dass es viel gebracht hätte, inhaltlich, aber doch war es mal wieder ganz nett, beisammen zu sein. Dann hatte ich das zweit Roma-Gadje Seminar in Ungarn, wir waren allerdings diesmal nicht in Budapest sondern in Pecs. Bis auf die Reise, die diesmal ziemlich stressig war, war das Seminar um einiges besser als das erste. Viel geplanter, strukturierter und ergebnisorientierter. Diesmal hatten wir wirklich die Möglichkeit unsere Erfahrungen auszutauschen und neue hinzu zu gewinnen. Auch war alles viel persönlicher, da man ja nun die meisten Teilnehmer schon kannte.

So und nun zu meinem zweiten großen Pech im Februar, war echt nicht so mein Monat. Ich habe mir beim Fußballspielen die Knöchelbänder gerissen, ne Ernst beiseite, sie waren im Endeffekt doch zum Glück nur stark überdehnt. Aber ich musste zwei Wochen im Gips rumhumpeln, habe seitdem den Spitznahmen Krüppel hier und danach erstmal wieder laufen lernen. Aber wisst ihr was, es gibt kaum ein schöneres Gefühl, als nach zwei bangen Wochen, wo man schon mit allem Abgeschlossen hat, nie wieder Fußball, kein Sport, zurück nach Deutschland. Dann aber unter seinen noch echt komisch aussehenden Fuß die kleinen Steinchen zu spüren, das war unglaublich wunderbar.

Mittlerweile laufe ich zwar immer noch nicht wieder wie vorher, kann aber auch schon weitere Strecken wieder gehen, rennen geht allerdings noch nicht, aber naja ich brauch noch Zeit. Letzte Woche bin ich dann für drei Tage in Prag gewesen, es war wirklich schön, einfach mal Ruhe zu haben, woanders zu sein, keine Termine, sondern einfach nur ohne Blick auf die Uhr oder Blicke für die Kinder, so durch die Straßen zu schlendern und gutes Essen, Bier zu genießen. Den Rest der Woche hatte ich auch noch frei, morgen muss ich eigentlich wieder arbeiten, ich geh aber zum Fußball, Banik Ostrava gegen Sparta Prag, ein echter Hit, die Feindschaft der zwei Vereine ist so groß, dass jedes müde gekicke ausgeschlossen sein wird. So denn, hab ja doch mal ein bischen errinerung freipressen können. Damit schließe ich für heute und hoffe bis zum nöchsten Bericht nicht wieder so viel Zeit zu brauchen.

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